Freitag, 11. Januar 2013

Zizek in Teheran (22)



Es reicht. Ich erhebe mich aus dem Feauteuil. Feierlich. Gemächlich. Und renne. Ein viktorianisches Wohnzimmer ist es nicht mehr, es gibt noch -

Es gibt noch
Ein Draußen
Atme ich
Luft.

Das Leben
Ist schön,
trotz allem
Trotz(e)!
Allem!
Geht weiter.
Ist
eine Berg-
Und Talfahrt
Ist wie ein Buch

siehe: http://sprueche.woxikon.de/leben

Und weiters:
Zu kurz,
um ein langes Gedicht zu machen.

Also Ein kurzes:

Ta shaqayegh hast
zenedegi bayad kard

Solange es Klatschmohn gibt,
mußt Du leben

sagt einer, der genauso auschaut. Solange es Klatschmohn gibt  
– auch das, werte LeserIn, ist Teheraner Lyrik. Ich trete aus dem Haus des Vergessens der Bibliothek der in der Sprache Teherans verfaßten Bücher des Internats Islamischer Mädchen. Er steht vor mir, und streckt seinen Kopf. Nach links, dann nach rechts usw. Sucht er etwas? Hinter mir?
„Sagt einer, der genauso ausschaut“, hast Du nicht verstanden, LeserIn, ich weiß. Will heißen: Genauso wie einer, der unvermutet vor Dir steht, und sagt:

Solange es Klatschmohn gibt,
mußt Du leben

Nämlich so:

Jung, aber nicht mehr ganz so. Panamahut (im Bild, links, ist es kein Panamahut, ich weiß). Hosenträger. Hager. Krawatte. Hinten etwas längeres, vorne sehr schütteres Haar. Früh gealtert. Aber schaut nicht schlecht aus. Panamahut mit aufgebogener Krempe. Schlacksig, melancholisch, heiter. Unendlich sympathisch. Sperrt den Mund auf, wenn er singt, sperr-angel-weit, singt er laut, und posiert.

Zusammenfassung
: Altvaterisch, aus den 70ern, wie der Beiststelltisch, im Haus des Vergessens, aus den 70ern, der in den 70ern aber schon altvaterisch aussah.

Sie verzeihen, Morad Barghi mein Name (zu Deutsch: Morad, der Elektrische). Jeder kennt mich in Teheran. Sie leben im Ausland? Daß sie in Teheran jeden Auslands-Teheraner stante pede erkennen, ist verwunderlich. Wahrscheinlich. Aber ich bin müde. Ich bin Analytiker, um nicht alles selbst zu erleben. Reizschutz heißt das. Und jetzt das alles. Nicht nur jetzt, auch früher. Zuviel Leben. Angefangen mit Narges. Dann Graz, Medizin, Literatur, Psychiatrie, Revolution. Ingeborg. Und jetzt Teheran. Eine mystery fiction. Hey, Myster Gott! Ich weiß schon, daß es Dich nicht gibt. Aber kannst Du aufhören, mich unterhalten zu wollen? Der Gefängnisarzt sagt einen Text auf, statt zu assoziieren, einen altertümlichen, aus einer europäischen Sprache in die Sprache Teherans übersetzten, wenn er nicht über seine Eroberungen oder seine Impotenz spricht. Sodann die Narzisse im Garten, das Internat Islamischer Mädchen, auf dem Gelände unserer Schule, Schirin, Das Haus des Vergessens, BCI, das Hafez-Gedicht, die Harfe, und am Ende Narges - die Liste dient dem Überblick, LeserIn. Und daß Du auf das Kommede Appetit kriegst.

Den Elektrischen kenn ich eh. Von: Vor der Revolution. Held der Fernsehserie: Morad, der Elektrische.

Er ist unablässig in Bewegung.

Sie suchen etwas?

Die Fernsehserie hieß in Wahrheit: Der sein Haus auf den Schultern trägtKhane be doosh. Oder wenn Du es eleganter übersetzt haben willst: Kannst Du es selbst übersetzen. Die wörtliche Übersetzung habe ich Dir schon geliefert. Du willst ja nicht, daß ich alles allein mache.

Morad, der Elektrische, der sein Haus auf den Schultern trägt. Sein Haus ist ein Auto, ein alter, roter Mercedes. Mit Schrägdach. D.h. es war schon in den 70ern ein alter, roter Mercedes. Und nannte sich Yaghoot. Aufgepaßt: Es nannte sich. Verstehst Du? Es - sich. Das Auto hatte einen Auto-nomen Auto-namen. Yaghoot - nicht Yahoo! Ya-ghoot: Ru-bin. Das Auto des Elektrischen nannte sich Rubin. Und war ein Haus.

wird fortgesetzt

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