Sonntag, 3. Mai 2015

Tolerieren, Respektieren, Glauben. Warum wir glauben – und es nicht wissen (2)


Astarte
Als Monolatrie bezeichnet die Religionswissenschaft eine Form des Glaubens, der die Verehrung eines einzigen Gottes unter einer Vielzahl von Göttern gebietet. Die Existenz anderer Götter – auch der Götter fremder Völker - wird zwar nicht bestritten, diese gelten aber nicht als verehrungswürdig.

In der Geschichte des Judentums etwa wird eine polytheistische Phase von einer Phase der Monolatrie nach dem babylonischen Exil unterschieden. Dem Monotheismus im strengen Sinn begegnen wir im Alten Testament erst relativ spät (1).

Der idealtypische monolatrische Jude jener Zeit glaubte“ also beispielsweise an die syrisch-levantinische Liebesgöttin Astarte, sofern er ihre Existenz nicht bestritt. Sofern er sie jedoch – im Unterschied zu Jahwe – nicht für verehrungswürdig und für „gut“ hielt, glaubte er nicht an sie. Glauben heißt hier: Jemanden oder etwas für verehrungswürdig - und für gut halten.

Daß Glauben „Für-gut-halten“ bedeuten kann, ist uns auch aus profaneren Zusammenhängen bekannt. Wenn etwa ein Fußballtrainer seinem Team zuruft: „Ich glaube an Euch!“, will er den Mitgliedern des Teams nicht etwa versichern, daß es sie auch tatsächlich gibt, er signalisiert ihnen vielmehr, daß er sie für gut hält, daß er glaubt, sie hätten das Zeug dazu, das Spiel zu gewinnen u.ä.m.

Glauben im Sinne von „jemanden für gut halten“ ist aber gleichbedeutend mit: „jemanden respektieren“ - im Sinne von jemanden wertschätzen/ihm Ehrerbietung erweisen.

So bedeutete etwa im monolatrischen Judentum des Alten Testaments an Jahwe zu glauben in allererster Linie, daß man ihn (im Unterschied zu einer Reihe anderer, eigener und fremder Götter) zu respektieren hatte.

Der Respekt den (post)moderne Subjekte dem Islam entgegenbringen ist also auch in diesem zweiten - „monolatrischen“ - Sinn ein Glaube.

Während der idealtypische monolatrische Jude an die Existenz der Astarte glaubte, ihr zugleich aber den Glauben im Sinne des Respektierens verweigerte (Respekt - im Sinne von Ehrerbietung und Wertschätzung - brachte er einzig Jahwe entgegen), glaubt das (post)moderne Subjekt, das „den Islam“ respektiert, – umgekehrt - nicht an die „Existenz Allahs“ (2), weil er möglicherweise an überhaupt  keinen Gott glaubt. Auch glaubt er nicht daran, daß Mohammad der Gesandte dieses nicht existenten Gottes sei, auch nicht an die Paradies-Jungfrauen der islamischen Jenseitsvorstellung etc. etc. Andererseits glaubt er, im Sinne des Respektierens, sehr wohl an den Islam: Hält er ihn doch für ein  (zumindest im Kern) „gutes Objekt“, dem Wertschätzung - und Ehre gebührt.

Aber halt! Haben wir nicht gesehen, daß das durch jenen Journalisten repräsentierte, postmoderne, den Islam respektierende Subjekt bei genauer Betrachtung nur an das Gute in der Demokratie/ in der Aufklärung/ in der Moderne glaubt, keineswegs an das Gute im Islam? Daß er „den Islam“ nur sofern und nur dann für gut hält, wenn dieser seinerseits an Demokratie, Aufklärung, Moderne glaubt?

wird fortgesetzt


(1) Wenn es etwa bei Jesaja (45,5) heißt: Ich bin der Herr und sonst niemand; außer mir gibt es keinen Gott.

(2) „Allah“ ist das arabische Wort für Gott, das auch von arabischen Christen verwendet wird. „ ... glaubt zwar nicht an die Existenz Allahs ...“ bezieht sich auf die weit verbreitete Vorstellung, Allah sei „der Gott der Moslems“.

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