Mittwoch, 31. Juli 2013

Warum uns Israel erregt (5)


Der Großmufti von Jerusalem bei den bosnischen Freiwillige er Waffen-SS

Zurück zu The Zionist Story, dem Film, der mich zum ersten Mal mit jener Unfähigkeit meines Vorstellungsvermögens konfrontierte.

The Zionist Story - aber das begriff ich erst später - ist ein krass einseitiges, antizionistisches Filmpamphlet, in dem etwa der für die Frühphase des arabisch-jüdischen Konflikts maßgeblichste arabische Führer, Haj Amin al-Hussaini, nicht einmal erwähnt wird. Hussaini war Großmufti von Jerusalem – und prominenter Nationalsozialist. Während der ersten Hälfte der vierziger Jahre residierte der „arabische Freund des Führers“ in einer Villa in Berlin-Zehlendorf, und spielte eine wichtige Rolle bei der Rekrutierung und Indoktrinierung von islamischen Wehrmachts- und Waffen-SS-Einheiten. 1943 verhinderte er den Austausch von 4000 jüdischen Kindern gegen deutsche Gefangene. Die Kinder wurden in deutsche Konzentrationslager gebracht und ermordet. „Tötet die Juden, wo immer ihr sie findet, denn das ist im Sinne Gottes, der Geschichte und der Religion“, war sein im März 1944 über Radio Berlin verbreitetes Motto.
Überhaupt ist der Holocaust dem Regisseur von The Zionist Story gerade einmal eine filmische Fußnote wert.

Dennoch gab mir The Zionist Story den Anstoß, mich mit den Ereignissen  zwischen 1947 und 1949, zwischen der Verabschiedung des UN-Teilungsplans für Palästina und dem Ende des ersten israelisch-arabischen Krieges, zu beschäftigen. Ereignisse, die hunderttausende Palästinenser zu Flüchtlingen machten.

Was ich bis dahin über jene Ereignisse zu wissen glaubte, ist schnell zusammengefaßt: Die Palästinenser hatten der über Radiosender verbreiteten Aufforderung der arabischen Staaten, die 1948 Israel überfallen hatten, Folge geleistet, und im Glauben auf eine baldige triumphale Rückkehr, ihre Heimatorte verlassen.

The Zionist Story konfrontierte mich mit einer völlig anderen Version der Geschichte. Ich war verwirrt und verunsichert, und begann mich mich mit anderen, seriöseren Quellen auseinanderzusetzen. Mit überraschenden Resultaten: 

- Erskine Childers, ein irischer BBC-Korrespondent, konnte bereits  1961 nachweisen,  daß es nicht nur keine über arabische Sender verbreitete Aufrufe an die Palästinenser gab, ihre Heimatorte zu verlassen. Arabische Sender hatten die Palästinenser, ganz im Gegenteil, aufgefordert, durchzuhalten und zu bleiben. 

- Ich erfuhr von Plan Dalet, dem Plan D der Haganah, des paramilitärischen Vorgängers der israelischen Armee. Plan D, so das traditionelle israelische Narrativ, sollte den - laut UN-Teilungsplan - jüdischen Teil Palästinas und - in Erwartung eines arabischen Angriffs - die Außengrenzen des jüdischen Staates sichern.

Für arabische Autoren und die Mehrzahl der sogenannten „neuen israelischen Historiker“ hingegen hatte Plan D die (mehr oder minder) systematische Vertreibung des Großteils der Palästinenser zum Ziel. Daß Plan D zum Zweck der Verteidigung erdacht und umgesetzt worden sei, wird von diesen Autoren ebenfalls bestritten, denn am Ende sei Israel, neben der Sicherung des - laut UN-Plan - jüdischen Teils Palästinas, auch die Eroberung von 60% des arabischen Territoriums gelungen.

- Vertreibung impliziert Gewalt. Ich mußte zur Kenntnis nehmen, daß die Vertreibungen von Massakern begleitet waren. Und daß das Massaker von Deir Yassin, bei dem Paramilitärs der extremistischen Irgun und Lehi über 100 arabische Zivilisten ermordeten, das bekannteste, offenbar aber nicht das einizige seiner Art war. 

Ben Morris, der „zionistischste“ unter den oft als Postzionisten bezeichneten, neuen Historikern, der die Vertreibung der Palästinenser als Resultat "of a national conflict and a war launched by the Arabs themselves" sieht, schreibt hierzu: 

„The tendency of military commanders to 'nudge' Palestinians' flight increased as the war went on. Jewish atrocities - far more widespread than the old histories have let on – {also contributed to the exodus} {...} there were massacres of Arabs at Ad Dawayima, Eilaboun, Jish, Safsaf, Majd al Darum Hule (in Lebanon), Saliha and Sasa, besides Deir Yassin and Lydia and other places ...“

wird fortgesetzt 

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