Freitag, 8. Februar 2019

Zizek in Teheran 174


Sein Blick ist ein forschender...
Ich muß mich jetzt unterbrechen.

Ich sagte:
Daß sich die Romantik
Von der Revolution
Auf die Narges verschob
Und ich sagte:
Ich muß jetzt den Moment
Unserer ersten Begegnung
Beschreiben.

Was ich getan habe.

Es stimmt aber nicht
Daß sich die Romantik
Als ich die Narges kennen- und lieben lernte
Von der Revolution
Komplett
Auf die Narges verschob
Vielmehr verteilte sie sich
(Mehr oder weniger gleichmäßig)
Auf die Revolution und auf Narges.

(Mit Revolution meine ich natürlich nicht jene
Mit der wir uns
Bekanntlich
Vor Jahren
In die Scheiße manövrierten
Sondern jene zweite
Uns hoffentlich bevorstehende
Die uns
Von der gschissenen ersten
erlösen wird

Amen).

Für diese
Uns hoffentlich erlösende
Zweite Revolution
Bin ich bereit
Alles zu geben
Okay
Alles vielleicht nicht
Aber
Ich stehe jetzt
Vor einem Haus
Im Osten von Ost-Teheran
Mit einer Fassade
Aus weißem Marmor
Mit rosaroten Adern
Paßt es
Nicht in diese Gasse
In deren Mitte
Ein Djub fließt.
Djubs sind Wasserläufe
Die üblicherweise beidseits
Der Straßen von Teheran fließen
Und das Wasser aus den Bergen
Im Norden von Nord-Teheran
Hinunter in die Ebene führen.

In der Mitte der Straße
Oder besser Gasse
Fließen die Djubs meines Wissens nur
In den ärmeren
Unfeinen Gegenden
Im Süden respektive im Osten

Auf der Höhe des ersten Stocks
Ist
An der Außenfassade
Ein Cooler montiert
Ein für Teheran typischer Air Conditioner
Der die Fassade aus Marmor
Wie man in Graz gesagt haben würde
Verschandelt.

Ich läute
Und wundere mich
Daß mir so rasch und arglos geöffnet wird
Die Gastgeber kenne ich nicht
Sie mich auch nicht.
Oder doch?
Im überraschend geräumigen
Geschmackvoll eingerichteten
Vorzimmer
Stehen zahllose Schuhe
Wie im Bethaus
Der Islamischen
Lauter Herrenschuhe und ein paar wenige
Zierliche
Damenschuhe
Die meinen Blick gefangen nehmen
(Nicht die Damenschuhe
Das ganze Ensemble)
Als wäre ich ein Schuhfetischist
Bin ich aber nicht
Dennoch aber
Kann ich
Den Blick von diesen Schuhen nicht abwenden
Respektive erst dann
Als die charmante
Junge Gastgeberin
Oder wer immer sie ist
Mit einer strahlend weißen
Aber keineswegs blassen Gesichtshaut
Den Vorraum betritt
Und zweimal hintereinander
Willkommen!
Sagt.

Ich folge ihr
In das Wohn- und/oder Esszimmer
Auch sehr geräumig
Um nicht weitläufig zu sagen
Wo mich ein helles
Überaus warmes Licht erwartet
Um nicht zu sagen: Durchflutet.

Die hohe Glasfront gibt den Blick frei
Auf einen Garten
Oder ist es ein Park?
In dem das Licht
Heller zu sein scheint
Und wärmer
Als in dem Wohn- und/oder Esszimmer.

Vorzimmer, Wohn- und Esszimmer
Sowie der Garten
Respektive der Park
Scheinen noch weniger zu dieser unfeinen Gasse zu passen
Als die Außenfasade
Aus weißem Marmor mit rosa Adern.

Links steht
Von wegen Esszimmer
Ein Esstisch
Aus massivem hellbraunen Holz
Mit Tischbeinen
Aus Stahl
Rechts stehen
Auf einem riesengroßen Teheraner Teppich
Etliche Stühle im Kreis
Ein paar wenige sind noch frei
Die charmante Gastgeberin
Die Tochter des Hauses, vermute ich
Weist mir einen Platz zu.
Niemand spricht.
Ich bin wie immer zu spät.

Vis à vis sitzt ein junger
Modisch gekleideter Mann
Die Tochter des Hauses
Ist nicht zu sehen
Jetzt schaut der modisch Gekleidete dem jungen
Ebenfalls modisch gekleideten
Links neben ihm sitzenden
Mann
Ins Gesicht
Sein Blick ist ein forschender.
Der neben ihm
Hat ebenfalls einen forschenden Blick
Scheint aber
Wie soll ich sagen
Sich selbst zu beforschen.
Ein plötzliches
Zucken
Und der zweite, junge, modisch Gekleidete wendet sich von dem ersten
Rechts neben ihm sitzenden
Ab
Um sich dem etwas älteren
Etwas weniger modisch gekleideten Herrn
Zu seiner Linken
Zuzuwenden
Und ihm den gleichen
Forschenden Blick zuzuwerfen
Den der erste modisch Gekleidete ihm zugeworfen hat.

Nacheinander schauen die
Rechts von mir Sitzenden
Ihrem Sitznachbarn links
Respektive ihrer Sitznachbarin
Ins Gesicht
Jeweils mit einem forschenden Blick.
Daraufhin
Geht der oder die Angeblickte
Sozusagen in sich
Scheint also intensiv nachzudenken.
Auf einmal dreht er oder sie den Kopf
Und schaut ihrer- oder seinerseits dem linken Sitznachbarn ins Gesicht
Mit dem gleichen forschenden Blick
Mit dem sie oder er gerade von dem Sitznachbarn rechts
Angeschaut worden ist.
Woraufhin der Sitznachbar rechts in die Luft schaut.

Ich weiß, was das alles bedeutet.
Danesch hat es mir gesagt
Der hier
Ohne da zu sein
In gewisser Weise
Regie führt.
Respektive er hat
Für das was hier abgeht
(Zusammen mit einer Expertin für Mythologie
Und Völkerpsychologie
Glaube ich
Deren Namen ich ständig vergesse)
In gewisser Weise
Das Drehbuch geschrieben.

Ich bin da
Um das Ganze
Wie Danesch sich ausdrückt
Zu supervidieren
Seit Tagen
Supervidiere ich
Eine
Wie soll ich sagen
Veranstaltung
Nach der andren.

Ich muß ausholen.
Als ich ihm einmal
Beiläufig
Von der
Schrift
Erzählte
Genauer
Von der Absicht des Übersetzers
Jenes auf Deutsch verfasste Werk
Dessen Namen ich ständig vergesse
In die Sprache Teherans zu übersetzen
(Hat mir der Übersetzer den Namen jenes Werks
Respektive seines Autors
Je genannt?)
War Danesch sehr interessiert
Ich weiß nicht mehr
Was ich ihm erzählt hatte
Ich wußte ja selbst nichts
Außer, daß mir der Übersetzer gesagt hatte
Daß es sich um den Text
Eines äußerst intelligenten Verrückten handelte.
Der Gott und sich selbst auf eine Weise behandelte
Die für die Teheraner Islamischen äußerst verstörend sein müßte.

wird fortgesetzt

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