Mittwoch, 2. September 2020

Zizek in Teheran 207

The Persians | Ioannina | August 19 | What's On | ekathimerini.com
Die Teheraner von Aischylos

Ich sitzee übrigens immer noch hier
Im Fernsehzimmer
Der schönen Villa Manavi
Mit dem Danesch
Gleichzeitig im Zweiten Kanal des Teheraner Fernsehens
Wo sie mich verhören
Respektive meinen Lookalike
Wegen des Mordes
Des vorgeblichen
An Kardan
Verhört werde ich jetzt aber nicht
Sondern der Kriminalpsychoanalytiker spricht
In einem fort
Über meine Biographie und Psychodynamik
Und M2, unser Führer, versucht ihn hin und wieder (vergeblich) zu stoppen

Während ich von unserer neighborhood, der Narges, der Deutschen Schule, dem Djub usw. erzählte
Hab ich zwar mitgekriegt
Daß der Kriminalpsychoanalytiker, der islamische, redet und redet
Was er sagt, aber nicht
Hören wir wieder zu

Als der Angeklagte
Sagt Kaschef
Erfährt
Daß das
Ministerium für Unterhaltung und Islamische Führung
Beabsichtigt
Die beliebteste Fernsehserie aller Zeiten
Zu drehen
Mit Kardan als Regisseur
Will er offenbar
Seinem
Wie sagt man
Girlfriend
Jener berühmten, lieblichen, in Teheran allseits beliebten Schauspielerin
Imponieren

Seinem geliebten
Girlfriend
Mit Kardan und seinem geliebten Kardan mit dem Girlfriend
Ergo macht er sein Girlfriend und Kardan
Miteinander bekannt

Tja, mein Führer, er hat tatsächlich beide geliebt

Jetzt wird mein Gesicht eingeblendet, respektive das des Lookalikes, wie er, respektive ich, sein, respektive mein, Gesicht in der Hand haltend, schluchzt. Wie die Narges
Damals am Djub

Er machte also die beiden
Miteinander bekannt
Damit
Zum einen
Der Kardan sein girlfriend, die Schauspielerin
Für die
Beliebtese Serie aller Zeiten in Teheran
Engagiert

Als hätte Kardan, um auf die berühmte liebliche und im ganzen Teheran beliebte Schauspielerin aufmerksam zu werden, der Unterstützung des Angeklagten bedurft. Andrerseits konnte Kardan, weil Sie ihn, Sie verzeihen, mein Führer, all die Jahre eingesperrt hatten, all die nachgewachsenen jungen, lieblichen Schauspielerinnen
Und folglich im ganzen Teheran beliebten
Gar nicht kennen

Beleibte
Lacht Danesch
Er hat beleibte gesagt
Hat er nicht
Sage ich und weiß nicht
Warum ich mich ärgere.
Weil ich nicht will, daß der Danesch
(Wenn auch in Form eines
Einem Kriminalpsychoanalytiker, einem islamischen, unterstellten Versprechers)
Zu Narges beleibt sagt?
Beleibt ist sie ja beileibe nicht, LeserIn
Wenn auch
Aber lassen wir das
Der Hintern

Mein Ärger über Danesch
Indem es sich mit dem Ekel über die Lippen
Des Kriminalpsychoanalytikers mischt, des islamischen, droht unerträglich zu werden.
Jedesmal, wenn sie, die Lippen nämlich
Des Kriminalpsychos, des islamischen
Lieblich
Sagen
Kräuseln sie sich
Und nicht nur die Augen sind es
Die leuchten
Verzückt
Sondern es öffnen, wie ein Knospe sich öffnet
Sich die islamisch-
Psychoanalytischen Lippen
Als wollten sie innig
Die der Narges (und nicht nur die Lippen
Der Narges) berühren

Indem er sie dem Kardan also vorstellte
Wollte er der Schauspielerin
Mittels Kardan
Zu einem
Karrieresprung
Wie sie in Teheran heute sagen
Verhelfen
Zum andern
Der Jungen, Lieblichen, in Teheran äußerst Beliebten
Mittels Kardan
Renommieren und großtun
Den er ihr als guten Freund vorgestellt haben mag.

Dem Kardan wieder wollte er mit ihrer Lieblichkeit und Jugend
Und Intelligenz
Imponieren und großtun

Warum aber einer wie der Angeklagte des
Renommierens und Protzens und Prahlens
Ständig bedarf, ist nicht bloß eine Frage der individuellen Kriminalpsychoanalyse
Der islamischen
Sondern hier stellt sich
Leider
Eine Frage
Von gesellschaftlicher Relevanz

Denn der Fall des Angeklagten
So sonderbar er klingen mag
Ist kein Sonderfall
Sondern für unser Teheran
Im Gegenteil typisch, mein Führer

Und so bitter es für mich ist
Es sagen
Und für Sie, mein Führer
Es hören zu müssen
Hunderttausende unsrer Teheraner Männer
Um nicht Millionen zu sagen
Ähneln dem Angeklagten in seinem Charakter
Um nicht gleichen zu sagen

Zwar wird deshalb nicht jeder dieser Hunderttausenden Männer bei uns in Teheran zum Mörder
Um nicht Millionen zu sagen
Wie der Angeklagte es wurde
Würden wir aber einige
Wenige
Der Umstände, die den Angeklagten zum Mörder gemacht haben
Auch im Leben jener Hunderttausenden vorfinden
Um nicht Millionen zu sagen
Hätte Teheran den Ruf eines Mörderlandes
Und wäre diese Republik, die Islamische, ein Möderregime

Hätte? Wäre?
Rufen Danesch und ich unisono
Und klopfen uns auf die Schenkeln
Herzlich
Wie Schuhplattler in Graz
Einem gelegentlich begegnen, zumal in ländlichen Zonen

Dies Prahlen, Protzen und Renommieren
Sind natürlich bloß Symptome, mein Führer
Was aber mag dieser seelischen
Wenn ich so sagen darf
Volkskrankheit
Zugrunde liegen?
Zugegeben
Kaschef richtet einen
Bedeutungsschweren
Blick auf den Führer
Zugegeben, eine rein rhetorische Frage
Solche stelle ich immer dann, wenn ich ausholen muß
In diesem Fall muß ich
Weit ausholen

Dem Führer
Sein Gesicht wirkt rat- und hilflos zugleich
Geradezu mitleiderregend, sagt Danesch

In diesem Fall
Sagt Kaschef
Muß ich weit ausholen
Die Russisch-teheranischen Kriege
Aka die Russenkriege 

Ich schaue den Danesch genauso verdutzt an wie der Führer den
Kriminalpsych
Den islamischen
Danesch wirkt aber mitnichten verwundert
Scheint gar dem Kriminalpsycho vorgreifen zu wollen
Dem islamischen
Und mir den Zusammenhang zwischen den Russenkriegen und dieser, mit Kaschef zu sprechen, Volkskrankheit schneller
Und kompetenter erklären zu wollen
Als der Kriminalpsychoanalytiker, der islamische, selbst
Hält aber an sich
Und läßt den Kaschef

Aus Wikipedia – Die freie Enzyklopädie

Die Russenkriege fanden 1722 bis 1828 zwischen dem Kaiserreich Teheran und dem Russischen Reich statt. Sie wurden alle von Russland gewonnen.

Der erste Russenkrieg (1722 bis 1723), in Russland auch als Teheraner Feldzug Peters des Großen bekannt, wurde von diesem begonnen, um den russischen Einfluß auf den Kaukasus auf Kosten von Teheran auszudehnen sowie um Konstantinopel von drohenden Territorialgewinnen abzuhalten. Nach Kriegsende mußte Teheran große Gebiete im Nord- und Südkaukasus an Russland abgeben.

Der zweite Russenkrieg von 1796 fand ebenfalls im Kaukasus statt, endete ebenfalls mit einem der Russen, hatte aber keine wesentlichen Folgen für die beteiligten Staaten.

Im dritten – und längsten – Russenkrieg,1804 bis 1813, ging es ebenfalls um die Vorherrschaft im Kaukasus. Als Kaiser Faramars I. auf die Regionen Karabag, Schirwan, Talisch und Scheki Anspruch erhob, erklärte Russland Teheran den Krieg. Die Russen stießen nach Süden vor, konnten es sich jedoch nicht leisten, allzu viele Truppen in den ehemals Teheranischen Kaukasus zu entsenden, da sie in kriegerische Konflikte mit Stockholm, Konstantinopel, und Paris verwickelt waren, weshalb sie gegen die zahlenmäßig stärkeren Teheraner Truppen auf ihre militärisch-technische Überlegenheit setzten. Die Armee der Teheraner bestand großteils aus – unorganisierter – Kavalerie.
Faramars sandte eine Delegation zu Napoleon Bonaparte, der sich im ostpreußischen Schloß Finckstein befand, wo am 4. Mai 1807 die Pariserisch-Teheranische Allianz geschlossen und Teheran umfassende personelle und materielle Unterstützung zugesagt wurde. Nachdem die Russen am 14. Juni 1807 in der Schlacht bei Friedland eine schwere Niederlage gegen Napoleon erlitten hatten, kam es am 7. Juli 1807 zum Frieden von Tilsit. Paris und Russland wurden Verbündete. Das zwischen Teheran und Russland strittige Georgien wurde im Friedensvertrag von Tilsit gar nicht erwähnt.

Den vierten und letzten Russenkrieg ersparen wir uns, LeserIn
Wir sind schließlich ein Roman und nicht die
Encyclopaedia Teheranica
Lassen wir doch wieder den Kaschef

Die Russenkriege
Sagt Kaschef
Deren dritten wir zum Heiligen erklärten
Und haben trotzdem verloren
Auch die drei andren
Sind die Quelle der von mir seit Jahren mit meinen Kollegen vom
Fardid-Institut für islamische Kriminalpsychoanalyse
In der Stewart Chamberlain-Street in Teheran-West
Seit Jahren beforschten
Von uns
Russenkriege-Komplex
Genannten
Seelischen Volkskrankheit
An der eine Mehrzahl unsrer männlichen Mitbürger leidet.

Seit den Russenkriegen haben sie ihre Selbstachtung verloren
Die Männer
In Teheran
Und bevor wir islamisch wurden
Ist es auch schon passiert
Immer wieder
Seit der Antike
Hat Teheran
Seine Selbstachtung verloren
D.h. seine Männer

Den Angeklagten, also mich, respektive meinen Lookalike
Haben sie scheint’s vergessen
Sie zeigen ihn nicht mehr
Respektive mich nicht
Und der Führer scheint jetzt nicht mehr bloß wegen der Weitschweifigkeit des Kriminalpsychs
Des Islamischen, verzweifelt zu sein
Sondern wegen dem, was er sagt

Ja, Führer, nicht erst das Teheranisch-islamische
Schon das antike
Teheran der Feueranbeter
Und seine feuerdienstlichen Bewohner
Haben by and by die Selbstachtung verloren
Nachdem uns die Athener schon bei Marathon besiegt hatten
Zerstörten sie uns bei Salamis die Armada
Und dann wurde das Teheranische Weltreich vom Alexander erobert
Und immer haben die Athener uns
Listig wie sie sind
Als weibert hingestellt

Schon in
Die Teheraner
Das älteste, wie Sie wissen, erhaltene Drama, mein Führer, der Welt
Stellt uns Aischylos als weibert hin, indem die Hauptperson
Atosa
Die Queen Mom der Teheraner sozusagen, ein Weib ist
Und Xerxes reißt sich am Ende das ohnehin schon zerrissene
Gwand vom Leib
(Gwand ist
Wie du dir schon gedacht haben magst
Ein ursüdteheranisches Wort, LeserIn
Das dem Kriminalpsychoanalytiker
Wohl nur deshalb
Über die Lippen gekommen sein dürfte
Weil das Thema ihn mitreißt)
Und stimmt einen Klagegesang an
Waidwund
Wie ein Klageweib
Ein Athenisches.

Und indem sie nicht aufhören können
Uns als weibert hinzustellen
Die Athener, später die Römer
Und in der Neuzeit London, Paris und überhaupt
In der neuesten Neuzeit Chicago
Kam es by und by
Und die Niederlagen gegen die Athener und Alexander
Und Araber und Mongolen trugen dazu
Das ihrige bei
Daß wir tatsächlich weibert wurden, mein Führer, und sind

Denken Sie bloß an die traditionellen Gwänder der Männer in diversen Regionen des Landes, die Sie im
Nationalen Teheraner Volkskundemuseum
In der Richard-Wagner-Avenue bewundern können, im Osten von Teheran-Ost, D.h. nicht bewundern, sondern verachten wollen wir die
Mit Eiderdaunen gefüllten Haus- und Herrenröcke
Seidenhemden, die türkisen, pastellgelben
Hochschließenden Jacken
Sowie die Hosen
Aus Atlas
Die Wattierten Beinkleider
Samtbarette
Seidensteppdecken, himmelblaue
Die berüschten Morgenröcke, die roten und tiefblauen
Rosengirlanden
Hausschuhe mit Pelz und Watte gefüttert.

Die Kleiderordnung
Nein nicht Keiderordnung, die gibt es ja erst
Oder die Kleiderverordnung
Haben wir erst seit dem Sieg der Revolution
Der islamischen
Die nicht
Ich meine
Die Bekleidungsgewohnheiten der Männer in Teheran änderten sich erst mit dem
Einzug der Moderne

Bei aller Feindschaft gegen die Moderne, mein Führer (und Chicago und London und Tel Aviv)
Hatte sie ihre Meriten
Weil bei uns vor hundert Jahren in Teheran mit dem Einzug der Moderne
Die Männer
Die Putzsucht
Und die Haus- und Herrenröcke, die berüschten
Und ihre Beinkleider, die wattierten
Ablegen
Und Herrenhemden und –Hosen anlegen mußten
Und Sakkos
Für Herren.

Aber dann
Irgendwann
Kam
Flower Power
Und schon wieder trugen die Männer in Teheran
(Schon wieder stimmt nicht ganz, aber wurscht)
Lange Haare und Blumenhemden und Patchwork-Hosen
Und die Kostüme und Stirnbänder der Hippies
Als wäre das ganze Jahr über Fasching)

Gott
Sei Dank
Dem Teheranisch-islamischen
Hatten wir kurz nach Flower Power
Unsre Revolution
Die islamische
Und nach Jahrhunderten
Meldete die sonore männliche Stimme Teherans vor der Geschichte
Die Rückkehr der sonoren männlichen Stimme Teherans in die Geschichte.

Und es war
Um aus
Das Sterben des Tunichtguts
Zu zitieren, jenem Versepos der Teheraner Spätromantik aus der Feder des
Yussefe Lasche-Abadi
Und es war alles alles gut
(Zu Deutsch heißt Lasche-Abadi wörtlich Leichen-Weiler
Also
Josef Leichen-Weiler
Oder
Leichen-Kaff
Oder
Josef Leichen-Dorf
Das sage jetzt ich LeserIn, und nicht der Krimpsych, der islamische)

Und es war
Sagt Kaschef
Alles alles gut
Möchte man meinen
Nicht wahr, mein Führer?
Aber Ach
Wäre alles so einfach
Bräuchten wir ja
Gott behüte!
Den Gott nicht

Über die Jahrhunderte
War das Weiberte nämlich
Um nicht –tausende zu sagen
Den Männern in Teheran
Oder sagen wir den meisten
Die Revolution, die islamische, hin oder her
In Fleisch und Blut eingesickert

Denken Sie an die Bewegungen, die weichen, mein Führer, der Arme und Schulter, um nicht des Beckens zu sagen
Der Teheraner Männer, verglichen mit real men in Istanbul oder gar Bagdad
Und wie beim Gehen sich gehen lassen
Die Teheraner Männer, grazil
Wie Elfen
Gar nicht zu sprechen vom Sprechen
(Der Teheraner Männer, sag jetzt ich, LeserIn, zu deiner Orientierung, nicht der Krimpsych, der islamische).

Und je mehr Zeit verstreicht
Und die Erinnerung an die Revolution verblaßt
Die islamische
Desto offensichtlicher wird dieser Mangel
Den uns die Geschichte
Uns Männern in Teheran
In die Wiege gelegt hat

Und diese Schwäche
Wollen sie nutzen
Natürlich
Und nicht nur nutzen
Sondern hegen und pflegen, mein Führer
Und ausbaun.

Sie? Wer sie?, fragen Sie
Na, die Feinde, mein Führer
Des Staates Teheran

Als Kaschef Feinde sagt, wird das Gesicht unsres Führers, M2 ,eingeblendet und erstmals seit der Kriminalpsychoanalytiker, der islamische, ausschweifend wurde, ist es weder verzweifelt noch ratlos
Noch zornig,
Sondern er nickt zustimmend
Und begeistert.

Und wenn ich Feinde sage, die dieses
Von uns im
Institut für Kriminalpsychoanalyse, die Islamische
SMMP
Genannte
Syndrom der mangelnden männlichen Performance
Ausbaun wollen
Und hegen und pflegen
Meine ich nicht bloß die Feinde im Ausland.
Denn ohne ihre Agenten im Teheraner Inland
Wären die Feinde
In Chicago und London und Tel Aviv
Und neuerdings auch in Berlin
Hilflos
Und außerstande ihre ominösen Pläne
Auszuführen.

Aber Agenten ist bei manchen dieser Agenten
Nicht das richtige Wort
Womit wir wieder auf den Angeklagten zurückkommen
Denn es handelt sich
Bei diesem Anklagefall nicht bloß um Mord
Sondern um die Gefährdung der nationalen Sicherheit
Des Staates Teheran
(Zurückhaltend gesagt)

wird fortgesetzt