M1 und das Erste
Teheraner Heimorgelorchester suchen nämlich einen neuen Texter. Nicht wegen
des gesellschaftskritischen und – gelinde gesagt - anstößigen Charakters ihrer bisherigen
Songtexte. Gegen den gesellschaftskritischen und - gelinde gesagt - anstößigen
Charakter der Texte hat M1, im Unterschied zu seinem staatstragenden Bruder,
überhaupt nichts. Aber er stört sich an der – bzw. am Nichtvorhandensein der - Qualität.
Viel
ärger drán
Als
Tehe-rán
ist
Isfa-hán
An
jedem zweiten
K-rán
Dort hängt
Ein
jugendlicher
Delinquent
Das
ist kein Exempel für die schlechte Qualität der bisherigen Songtexte. Nein. Sondern
der neue Textdichter, ein gewisser Hadi,
hat M1 diesen Text gemailt. Hadi Fuladi.
Den M2 – um seinem Bruder einen Gefallen zu tun (siehe oben) und auch wegen
des gesellschaftskritischen und - gelinde gesagt - anstößigen Charakter der
bisherigen Texte – für
ihn und das Erste Teheraner
Heimorgelorchester ausfindig gemacht, und mit ihm kurzgeschlossen hat. M2 kennt
Fuladi von seiner Zeit an der elitären Geheimen
Geheimdienstschule der Islamischen Republik, Kaderschmiede des Teheraner Informationsministeriums.
M2 hat Fuladi als scharfsinnigen, wenn auch verträumten, von den Kommilitonen
verachteten und bewunderten Schüler der Geheimdienstschule in Erinnerung.
M1
übrigens hatte - trotz Drängens ihres
Vaters, des verblichenen Führers - das Studium an der Geheimen
Geheimdiensschule verweigert.
M2 sitzt jetzt. In einem Teheraner Fahrrad-Café. Hadi
gegenüber. Das Fahrrad-Café ist kein Kaffeehaus auf Rädern. Sondern eine
Kombination aus Kaffeehaus und Fahrradwerkstatt. Hoch an der Backsteinwand
hinter der Bar hängen Fahrräder, zum Teil uralte Modelle.
Ich weiß,
sagt Hadi.
M2 öffnet den Mund, um.
Daß Du die mails von M1 liest.
Ihn wieder zuzumachen.
Der Songtext war für Dich bestimmt. Du weißt schon - Viel ärger drán/ Als
Teherán/ ist Isfahán ...
M2 seufzt. Kapiert. Und lacht.
Alles klar, LeserIn? Hadi Fuladi hat den obenstehenden
Songtext an die E-Mail-Adresse von M1 geschickt. Im Wissen, daß M2 den
E-Mail-Verkehr seines Bruders, M1, überwacht. Der Songtext ist nur ein Vorwand
gewesen. Fuladi hat M2 veranlassen wollen, an einem ungestörten Ort, mit ihm reden zu wollen. In Wahrheit wollte Fuladi, an einem ungestörten Ort mit M2 reden.
Woher Fuladi weiß, daß M2 den E-Mail-Verkehr seines
Bruders überwacht?
Weiß ich nicht.
Warum sich M2
mit Fuladi treffen will?
Sollte aber klar sein. M2 ist alarmiert. Wegen des
obenstehenden Textes. Dessen - fehlende - Qualität macht ihm nichts. Er stößt
sich aber an dem schon wieder gesellschaftskritischen und - gelinde gesagt - anstößigen Charakter.
Warum sich Fuladi
– an einem ungestörten Ort - mit M2 treffen will?
Soll er selbst sagen.
Aber erst M2. Der seufzt, wie gesagt. Kapiert. Und lacht.
In Wahrheit wolltest also Du mit mir reden.
Ja,
sagt Hadi. An einem ungestörten Ort.
In der Schule, der Geheimen
Geheimdienstschule, hatten sie Hadi Fuladi verachtet, siehe auch oben, als neurotischen Sonderling, und bewundert. Bewundert,
weil scharfsinnig. Aber verachtet mehr als bewundert. Monk – der neurotische, Du
weißt schon, Privatdetektiv der TV-Serie - war der ehrenvollste seiner
Spitznamen.
Ja,
sagt Hadi. Kennst Du den You Tube-Kanal Webdriver
Torso?
wird fortgesetzt