Im ersten Teil dieser Replik auf Floris Biskamps Kommentar1 zu einem Kapitel meines Essaybands „Respektverweigerung“2 war die Rede davon, dass Biskamp den „psychischen Innenraum“ und das „Äußere“, womit er offenbar das Sprechen3 in gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen meint, als unvermittelt nebeneinander existierende Realitätsfelder auffasst. Etwa dort, wo er meine Interpretation der Schwierigkeiten Linker und Liberaler über den Islam zu reden, dem „Inneren“ und seine eigene Deutung dieses Problems dem „Äußeren“ zuschreibt. Und auch dort, wo er psychologische und soziologische Erklärungsmodelle als einander ausschließende in Stellung bringt, und dabei erstere für ungültig und zweitere für gültig erklärt:
„Rassismus ist nämlich nicht als ein bestimmter verkorkster pathisch-projektiver Ausfluss
verkorkster Subjekte zu verstehen, sondern als ein soziales Dominanzverhältnis“.
Noch dort, wo
er „Inneres“ und „Äußeres“ in einem Atemzug erwähnt
„Sprechen ist [...] sowohl ein Produkt eines
Subjekts als auch ein Element eines gesellschaftlichen Diskurses“,
fasst er Sprechen
als Resultat einer Addition zweier gegeneinander abgeschlossener
Phänomenbereiche auf. Um dann – ohne
nähere Begründung – dafür zu plädieren, sich bei Kritik am Rassismus an zweiterem,
also am „gesellschaftlichen Diskurs“ zu orientieren.
Entgesellschaftlichte Subjekte ...
Diese in akademischen Diskursen weit verbreitete Dichotomie
– hier das subjektive „Innen“, dort das gesellschaftliche „Außen“ – suggeriert
die Existenz eines entgesellschaftlichten
Subjekts, das sich „draußen“ mit einer subjektlosen
Gesellschaft konfrontiert sieht. Um die Falschheit dieser Dichotomie zu
durchschauen, muss man nicht die Schriften Freuds oder jene Adornos über das
Verhältnis von Soziologie und Psychoanalyse4 studiert – oder sich mit
Lacans Begriff der „Extimität“5 auseinandergesetzt haben (obwohl dies
alles natürlich hilfreich wäre). Es genügen einige einfache Überlegungen: Was
wir unser Selbst nennen, hat seinen Ursprung nicht im „psychischen Innenraum“,
sondern im Außen. Es sind andere, die uns den Namen geben. Die Sprache, die wir
sprechen, kommt nicht aus den „Tiefen unseres Selbst“ – wir müssen sie von
anderen lernen. Und was wir über uns zu wissen glauben, das Bild, das wir uns
von unserem Körper oder von unserer Persönlichkeit machen, ist großteils von
Außen importiert. Nach Freud gehört uns nicht einmal unser Unbewusstes – er
nennt es „das innere Ausland“. Ich ist, mit Rimbaud zu sprechen, ein Anderer.
Exemplarisch lässt
sich dieses dialektische Ineinandergreifen von subjektivem „Innen“ und gesellschaftlichem
„Außen“ am ersten Satz6 jenes
„realen äußeren Dilemmas“ aufzeigen, das Biskamp in Stellung bringt:
„Wer unter den
gegebenen Umständen das, was in islamischen Kontexten kritikwürdig ist,
öffentlich kritisiert, läuft immer Gefahr, gewollt oder ungewollt zur
Verbündeten von FPÖ, Stürzenberger und Co. zu werden“.
Was hier
beschrieben wird, ist nichts anderes als die subjektive Einschätzung Biskamps (und vieler anderer Linker und
Liberaler) über mögliche Auswirkungen öffentlichen Redens über den Islam, ein dem
„subjektiven Innenraum“ zugehöriges Urteil also. Biskamps Gegenüberstellung – hier
„sein“ reales äußeres Dilemma, dort „meine“ innere Blockade in den Köpfen Linker
und Liberaler – wird gegenstandslos. Auch sein „äußeres“ Dilemma ist nämlich – als
subjektives Urteil – Teil des „psychischen Innenraums“.
Ob diese subjektive
Einschätzung aber Anspruch auf Gültigkeit in der äußeren Realität erheben darf, ist alles andere als sicher. Man
könnte nämlich mit guten Argumenten, das genaue Gegenteil für wahr halten: Wie oben
erwähnt, gehen politische Beobachter davon aus, dass das Bestreben der
österreichischen Grünen, im Wahlkampf des Jahres 2017 am Begriff „Islam“ nicht einmal anzustreifen, wesentlich
dazu beigetragen hat, dass diese heute nicht mehr im Parlament vertreten sind. Gerade
ihre Tendenz „das was in islamischen Kontexten kritikwürdig“ erscheinen mag, nicht zu benennen, scheint die
österreichischen Grünen also zu Verbündeten der FPÖ – und zu Gegnern ihrer
eigenen Sache – gemacht zu haben.
Interessieren
sollte uns die Beziehung zwischen der subjektiven Einschätzung:
„Wer das, was
in islamischen Kontexten kritikwürdig ist, kritisiert, läuft Gefahr, zum Verbündeten
von Rassisten zu werden“
und der äußeren
Realität, aber auch in einem anderen Sinn: Oben war vom Zusammenhang zwischen
der Geburt linker identitätspolitischer Konzepte einerseits und ökonomischen und
gesellschaftlichen Veränderungen andererseits die Rede – Veränderungen also in
der äußeren Realität. Dabei sind wir, frei nach Adorno7, in den
„innersten Zellen“ linken identitätspolitischen Denkens „auf Gesellschaftliches“
– und Ökonomisches – gestoßen. Auf
einen Kapitalismus der flexiblen Akkumulation, in dem es „keinen Raum für eine
leitende oder breit vertretene Klasse“8 gibt. Die Berücksichtigung
dieser, das Denken und Handeln vieler heutiger Linker beherrschenden, identitätspolitischen
Konzepte wiederum hatte uns geholfen, zu verstehen, wie es kommt, dass Biskamp und viele andere Linke
glauben, (kritisches) Reden über den
Islam könnte die Positionen der Rassisten stärken: Wer ausgehend von kulturalistischen
und identitätspolitischen Prämissen, Subjekte voll mit „ihrer“ Kultur oder ihrer (vermeintlichen oder tatsächlichen)
Religion identifiziert, muss jede Kritik an der islamischen Glaubenslehre oder
Glaubenspraxis als direkten Angriff auf eben diese Subjekte – und folglich als rassistisch empfinden. Und annehmen, dass
solche Kritik die Positionen von FPÖ, AfD und Co. stärken könnte.
... versus Gesellschaft ohne Subjekte
Dass identitätspolitische
und kulturalistische Konzepte heute die Gesamtheit gesellschaftlicher Diskurse
zu dominieren scheinen – nicht bloß das Denken und Handeln vieler Linker – wurde
angedeutet. An anderer Stelle9 habe ich Zusammenhänge zwischen
diesen „Ideologien der Identifizierung“ und der aktuellen gesellschaftlichen Position
des Subjekts im Kapitalismus zu analysieren versucht. Und gezeigt,
dass heute im „postindustriellen Zeitalter“ – anders als im industriellen – die
„persönliche Unabhängigkeit“ der
Subjekte nicht mehr bloß „auf sachliche
Abhängigkeit gründet“10, wie Marx einmal schrieb, sondern auch auf
eine, von den Subjekten selbst begehrte seelische
Abhängigkeit. Von hier aus hatte ich – zum einen – den narzisstischen und
asketischen Charakter der neuen privaten Ideologien der Identifizierung (im Verhältnis der Subjekte zu ihrer
Arbeit, ihrer Freizeit, ihrer Sexualität und zur Politik) nachgezeichnet, zum
anderen den Zusammenhang zwischen privaten und kollektiven Ideologien der Identifizierung, auf welche sowohl der Diskurs
der neuen Rassisten gründet als auch jener ihrer antirassistischen Gegner – mit
seinen zentralen Begriffen „Islamophobie“ und „antimuslimischer Rassismus“.
Gerade hier, in
der Analyse der aktuellen gesellschaftlichen Position der Subjekte im heutigen Kapitalismus
– und deren Zusammenhang mit den neuen Islam-Diskursen – zeigt sich, dass die Subjektivität
von, in den Worten Biskamps, „verkorksten Subjekten“ eine durch und durch gesellschaftliche ist. Und dass umgekehrt,
eine Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse
unter Ausblendung der Dimension des Subjektiven nicht gelingt.
Burma sagen – und Myanmar meinen
Biskamp behauptet,
mein Text unterscheide zwischen „eigentlichem“ und „uneigentlichem“ Sprechen.
Er schreibt:
„Maani zufolge
reden die Rechten, die behaupten ‚Islamkritik’ zu üben, eigentlich gar
nicht über den Islam, sondern über ‚Türken’ oder ‚Araber’. Sie benutzten das
Wort ‚Islam’ lediglich als Chiffre, weil sie wüssten, dass offene Ablehnung
gegenüber ethnischen Minderheiten sozial nicht akzeptiert sei. Dementsprechend
gehe es ihnen auch nicht darum, repressive kulturelle Normen mit dem Ziel ihrer
Auflösung zu kritisieren, sondern darum, ihre Ressentiments gegen Fremde
auszudrücken. Der wahre Kern von Maanis Argument ist, dass tatsächlich eine
Verschiebung rassistischer Diskurse stattgefunden hat. In rassistischen
Diskursen über Kriminalität wird an Stellen, an denen vor 20 oder 30 Jahren noch
von ‚Türken’ oder ‚Ausländern’ gesprochen worden wäre, heute von ‚Muslimen’
gesprochen. Jedoch frage ich mich: Warum sollte der eine Bezug nun wirklicher
und eigentlicher sein als der andere? Ging es denn jemals wirklich
und eigentlich um Ausländerinnen und Türkinnen? Haben sich Rassistinnen
vor 50 Jahren wirklicher für Reisepass, Geburtsurkunde, Stammbaum oder
Chromosomen interessiert, als sie sich heute für den Islam und Muslimischsein
interessieren?“
Hier scheint
ein gründliches Missverständnis vorzuliegen. Zunächst auf rein sprachlicher
Ebene. Biskamp scheint den Satz „Wenn Peter A sagt, meint er B“, so zu
verstehen, dass Peter, wenn er A sagt „irgendwo im Hinterkopf“, bewusst oder
unbewusst, „eigentlich“ an B denkt. Das ist aber nur eine mögliche Bedeutung des Satzes „Wenn Peter A sagt, meint er B“.
Nehmen wir an, A stünde für Myanmar – die neue Bezeichnung für Burma – und B
für Burma, die alte Bezeichnung von Myanmar. Und nehmen wir weiters an, dass
Peter gar nicht weiß, dass die
Bezeichnung Myanmar seit 1989 die Bezeichnung für Burma ersetzt hat. Dann ist
der Satz „Wenn Peter Burma sagt, meint er Myanmar“ genauso gültig und
verständlich, als wenn Peter wüsste,
dass Myanmar die korrekte Bezeichnung für Burma ist, es aber – aus welchen
Gründen auch immer – vorzieht Burma statt Myanmar zu sagen.
Im Fall der
neuen rassistischen Diskurse, muss also jemand der „Moslems“ sagt – auch wenn
er selbst noch in den 1990er Jahren in einem ähnlichen Zusammenhang „Türke“ oder „Araber“ gesagt
hätte – gar nicht „eigentlich“ an
die Türken denken. Nicht einmal „in den Tiefen seines Unbewussten“. Der Satz „Wenn
Peter ‚Moslems’ sagt, meint er die Türken“ bedeutet hier bloß, dass Peter von jenem Kollektiv spricht, das er selbst –
oder falls er selbst dafür zu jung sein sollte, andere – noch in den 1990er
Jahren als „Türken“ bezeichnet hätte(n). Das „Meinen“ in diesem Sinn verweist
also auf eine leicht nachprüfbare Verschiebung im öffentlichen Reden über ein real
existierendes Kollektiv – nicht auf
die Vermutung, was in Peters „psychischen Innenraum“ vorgehen oder nicht
vorgehen mag.
Wann immer ich
allerdings in Diskussionen der Zuschreibung „moslemisch“ begegne – in
Zusammenhängen, in denen die in Rede stehende Personen oder Gesellschaften noch
vor wenigen Jahrzehnten nicht als „moslemisch“ sondern z.B. als „iranisch“
bezeichnet worden wären – und diesen Zusammenhang auch anspreche und beschreibe,
reagieren die Angesprochenen auf meine Beschreibung mit Zustimmung – und
versuchen dann, ihre Zuschreibung zu begründen. Etwa damit, dass die letzten
Jahre gezeigt hätten, dass sich „diese Menschen“ mit dem Islam identifizieren
würden. Dass die Bezeichnung „Moslem“ die Bezeichnungen „Iraner“, „Türke“ etc. in
zahlreichen Zusammenhängen ersetzt hat, scheint jenen, die von „Moslems“ statt
etwa von „Türken“ sprechen, also häufig durchaus bewusst zu sein.
Für die Thesen,
die im ersten Kapitel meines Essaybands entwickelt werden, ist es allerdings völlig
unerheblich, ob jene Subjekte, die heute
von „Moslems“ reden – in Zusammenhängen, in denen noch vor wenigen Jahrzehnten
von Türken gesprochen worden wäre – dabei (bewusst oder unbewusst) an die
Türken denken. Oder ob der Satz: „Rechte und Rechtsextreme Parteien [...] reden
über den Islam und meinen [...] die Türken“11 bloß auf die Tatsache
verweist, dass jene Kollektive, die damals als Türken, Araber oder
Nordafrikaner bezeichnet worden wären, heute vielfach „Moslems“ genannt werden.
Entscheidend ist vielmehr die Analyse der möglichen Ursachen dieser
Verschiebung – nicht die Frage, was das konkrete einzelne Subjekt, das „Moslem“
sagt, „wirklich“ meint.
„Eigentlich“ und „uneigentlich“
Von diesem
rein sprachlichen Aspekt seines Missverständnisses abgesehen, scheint Biskamp
meinem Text Positionen zuzuschreiben, die verwundern.
„Demnach ist
der rassistische Diskurs über ‚Türken’ und ‚Araber’ dem rassistischen Diskurs
über ‚Islam’ und ‚Muslime’ zwar historisch vorgängig. [...] Er hat aber
keine darüber hinausgehende Priorität im Sinne eines höheren Grades von
Wirklichkeit oder Eigentlichkeit [...] (Oder liegt Maanis These die Vermutung
zugrunde, dass ‚Türkischsein’ in irgendeinem Sinne eine wirklichere Identität
ist als ‚Muslimischsein’? Warum sollte das so sein?)“
Es ist nicht
notwendig, andere Texte12 von mir zu kennen, nicht einmal andere Kapitel
jenes Essaybands, auf das Biskamp sich bezieht (wo etwa im dritten Kapitel das
Reden über die „Kultur der Türken“ dekonstruiert wird), um zu wissen, dass
Dekonstruktion von Identitäten und Identitätszuschreibungen jeder Art, gerade
auch von nationalen, ein – wenn nicht das
– Grundanliegen meiner theoretischen und literarischen Texte bildet.13
Die Lektüre der ersten Seite jenes Kapitels, das Biskamp kommentiert, würde
genügen. Dort ist davon die Rede, dass Iraner den Islam meinen, wenn sie die
Araber bashen. Für sich betrachtet, würde Biskamp diese Aussage wohl so
verstehen, dass einer religiösen Identitätszuschreibung („Islam“) aus meiner Sicht ein „höherer Grad
an Eigentlichkeit“ zukommen würde als einer nationalen („Araber“). Das würde aber
seiner oben zitierten Mutmaßung, für mich könnte die nationale Identität bzw.
Identitätszuschreibung („Türkischsein“) eine
„wirklichere Identität“ darstellen als die religiöse („Muslimischsein“) widersprechen.
Richtig
verstanden, geht es bei der Gegenüberstellung jenes iranischen „Ersatz-Diskurses“ („Araber“ statt „Islam“)14
und seines europäischen Pendants unter umgekehrten Vorzeichen („Moslems“ statt
„Türken“) selbstverständlich nicht um die Priorität
einer Identität respektive Identitätszuschreibung über eine andere. Sondern
um die Dekonstruktion aller Identitätskonstruktionen – nationaler, religiöser und
anderer Art – durch das Aufzeigen ihrer grundsätzlichen, wenn auch nicht
beliebigen, Austauschbarkeit.
wird fortgesetzt
1 Floris
Biskamp, Misstraut Euch! Warum Sama Maani es der
linken „Islamkritik“ zu einfach macht.
2 Sama Maani, Warum wir über den Islam nicht reden können. In: ders.,
Respektverweigerung: Warum wir fremde Kulturen nicht respektieren sollten. Und
die eigene auch nicht, Klagenfurt 2015, S. 7
3 Indem
hier das „Außen“ auf das Sprechen im
gesellschaftlichen Kontext reduziert erscheint, vermittelt Biskamp (wie ich
vermute unbeabsichtigt) den Eindruck, er würde jenem weit verbreiteten Konzept
von Politik das Wort reden, das die komplexe Wechselbeziehung zwischen Sprache
und Herrschaft ausblendet – und politisches Handeln auf die Reglementierung des
Sprechens reduziert. Als würde Sprache nicht nur Bewusstsein sondern –
unvermittelt – Realität erzeugen. Als gäbe es keine außersprachliche Realität,
keinen stummen Zwang der –
ökonomischen und politischen – Verhältnisse. Und als würden die Herrschenden,
frei nach Johannes Agnoli, nicht herrschen, weil sie herrschen – sondern weil sie sprechen.
Vergleiche hierzu meinen Text: Der Heiligenscheinorgasmus oder wie Identitätspolitik den Geist tötet
https://derstandard.at/2000058117680/Der-Heiligenscheinorgasmus-Wie-Identitaetspolitik-den-Geist-toetet
4 Vgl. etwa: Theodor W. Adorno, Soziologische Schriften I. In: ders., Gesammelte Schriften, Bd 8,
Frankfurt am Main. 2003, S. 88:
„Freud
[...] ist paradoxerweise in den innersten psychologischen Zellen auf
Gesellschaftliches [...] gestoßen“.
5 Vgl. Jacques Lacan, Seminar VII, S. 171
oder:
Jacques Alain Miller, Extimité. In: Marc Bracher u.a. (Hg.), Lacanian Theory of Discourse, New York 1994, S. 74 ff
6 dilemmatos bedeutet auf altgriechisch: „aus zwei
Sätzen bestehend“.
7 Siehe Anmerkung 2
8
Sami Alkayial, Der Krieg in Syrien und die Krise linker
Traditionen.
9 Siehe Sama Maani, Warum wir glauben – und es
nicht wissen, in: Patsy L’Amour laLove
(Hg.), Selbsthass & Emanzipation,
Berlin 2016, S. 219
sowie die
folgende Blogserie auf derStandard.at:
http://derstandard.at/2000055661573/Ist-Materialismus-boese
http://derstandard.at/2000056046127/Warum-Conchita-Wurst-nichts-mit-sexueller-Befreiung-zu-tun-hat
http://derstandard.at/2000056397418/Wie-sexuelle-Autonomie-die-Lust-toetet
http://derstandard.at/2000057195713/Warum-wir-anderen-etwas-vorspielen-sollten?_blogGroup=2
10
Marx,
Karl/Engels, Friedrich: Werke, Bd. 42, Berlin 2005, S. 91
11
Sama Maani, Warum wir über den Islam nicht reden können.
In: ders., Respektverweigerung: Warum wir fremde Kulturen nicht respektieren
sollten. Und die eigene auch nicht, Klagenfurt 2015, S. 8
12 Etwa die folgende Blogserie über
Identitätskonstruktionen auf derStandard.at:
13 So schrieb Vladimir Vertlib über meine
Erzählung Der Heiligenscheinorgasmus, sie stelle „schonungslos
Identitätszuschreibungen in Frage [...] Im Spiel mit Klischees, deren
Doppelbödigkeit durch groteske Überzeichnung erst erkennbar wird, werden
scheinbar die Abgründe der österreichischen, der Schweizer, aber auch der
persischen Seele ausgelotet. Doch der aus Persien stammende Protagonist ist
genauso ein 'typischer' Österreicher, der die Ressentiments seiner Schweizer
Nachbarn auf sich zieht, wie er ein 'typischer' Zuwanderer oder 'typischer'
Perser ist, also letztlich überall untypisch, und somit wieder sehr gewöhnlich
für die heutige Zeit“.
14 Hier sollten wir allerdings präzise
sein. Die beiden Diskurse – der iranische antiarabische Diskurs und der aktuelle
Islam-Diskurs der europäischen Rechten (und Konservativen und Grünen und
Sozialdemokraten ...) – sind analog, aber nicht identisch: Meiner Erfahrung
nach ist die Aussage „Wenn Iraner die Araber bashen, meinen sie den Islam“
häufig der oben erwähnten ersten Bedeutung der Aussage „Wenn Peter A sagt meint
er B“ näher. Das heißt, dass Iraner, wenn sie „Araber“ sagen, tatsächlich
häufig – wenn auch nicht immer – an den Islam denken. Wenn etwa systemkritische iranische Demonstranten in den
letzten Tagen die Parole skandierten: „Wir sind Arier (Iran bedeutet ‚Land der
Arier’) – wir beten keinen Araber an“, so ist dies eine offensichtliche und
bewusste Anspielung auf den Islam. Ähnliches gilt für die Bezeichnung der
islamischen Revolution des Jahres 1979 als „zweite arabische Invasion“. Im
Falle des Diskurses der neuen Rassisten und anderer identitätspolitischer und
kulturalistischer Islam-Diskurse in Europa scheint mir dies weniger eindeutig.
Aber, wie gesagt: Die Gültigkeit oder Ungültigkeit der erwähnten ersten
Bedeutung – ob also die Subjekte, wenn sie „Islam“ sagen, auch tatsächlich,
bewusst oder unbewusst, an die Türken (Araber, Nordafrikaner) denken – ist für
unseren Zusammenhang irrelevant.
wird fortgesetzt