Sonntag, 8. Mai 2011

Weitere Irrungen und Wirrungen in der Islam-Debatte (1)

Unlängst ließ mir L.O., ein iranischer Bekannter, einen kritischen Kommentar zu meinem Essay Warum wir über den Islam nicht reden können (siehe die früheren posts auf diesem blog) zukommen, den ich hier etappenweise veröffentlichen - und meinerseits kommentieren möchte.

Hier der erste Teil von L.O.‘s Kommentar:


"Warum wir über den Islam nicht reden können - ist der Titel Eines Essays, das Sama Maani ins Netz gesetzt hat. Man kann den ersten Teil des Essays, der wohl die Grundlage deren was nachgefolgt sind bildet, in folgenden Punkten Zusammenfassen.

1. Die Iraner haben ein von hasserfüllten Ressentiment gegenüber Araber

2. Dieses Ressentiment richtet sich im Grunde genommen gegen Islam. Nur ist es chiffriert und wird als Ressentiment gegen Araber verkleidet. Dieses verkleidete Ressentiment gegen Islam ist hauptsächlich unbewusst. Der Verfasser betont selber, dass das Essay van Ansichten des in Köln lebender iranischen Intellektueller inspiriert worden ist.

3. Es folgt die Argumentation zur Untermauern der erwähnten Behauptungen: Iran wurde einmal durch Alexander der Großen und einmal in 13. Jahrhundert durch Mongolen erobert, die unsäglichen und unvergleichlichen Leid über Iraner brachten. Dennoch sieht man in Iran weder gegen Griechen noch gegen Mongolen derartiges Ressentiment. Der Grund dafür ist nach Meinung des Verfassers, dass die Araber die kulturell Iraner weit unterlegen waren sie dazu zwangen ihre eigene Religion aufzugeben und zur Islam zu konvertieren. Daher rührt diese Feindseligkeit. Sama Maani würde sie auch als traumatisches Erlebnis in Unterbewusstsein der Iraner bezeichnen.

4. In Europa drückt sich der Rassismus in Form der Islamfeindlichkeit aus.

5. Aber jene, die diesen Rassismus bekämpfen begehen ein Kardinalfehler in dem sie die Islamfeindlichkeit mit Rassismus gleich setzen und damit jede Islamverneinende Stimme als rassistisch abkanzeln.

Aus den gesagten leite ich ab: Verfasser möchte Rassismus verurteilen aber die Islamfeindlichkeit - nicht dezidiert als antiislamischer Diskurs sondern eher als religoinskritischer Stimme - im Schutz nehmen dadurch, dass er die Gleichung Islamfeindlichkeit = Rassismus als falsch und nicht adäquat, aburteilt. In seiner Vorstellung existieren angeblich zwei Arten von Islamfeindlichkeit. Einer davon dient als Maske für den europäischen Rassisten und die andere enthält einen rational kritischen Moment. Vermischt man die beiden Diskurse mit einander, so verleiht man Islam einen ethnisch rassischen Charakter und nimmt den anderen die Möglichkeit einer rationalen Kritik an Islam. Da er nun gegen die Gleichung: Islamfeindlichkeit = Rassismus ins Felde zieht in dem er nolens volens in Islamfeindlichkeit eine kritische Moment entdeckt und die Gleichung selbst als rassistisch entartet betrachtet, bestätigt er damit seine auf Hegel bezogene Aussage „die Sprache aber, würde Hegel sagen( also was wir sagen im Unterschied zu dem, was wir meinen), ist das wahrhaftere“ und legitimiert den Diskurs der Islamfeindlichkeit. Darauf kann man erwidern ,dass jener Diskurs falls er eine religions bzw. islamkritische ist ,grenzt sich von Anfang an von Religionsfeindlichkeit und in diesem Fall von der Islamfeindlichkeit ab und zwar nicht durch Erklärungen sondern durch die Art der Auseinandersetzung, die jeden kritischen Diskurs immanent ist. Religionsfeindlichkeit und insbesondere die Islamfeindlichkeit in diesen Tagen haben nicht einmal den Anschein eines fein und dennoch scharfsinnig geführten kritischen Diskurses. Ihre Sprache ist aufbrausend, hitzig, dreist, provozierend und destruktiv. Und gerade ist diese Sprache prädestiniert für die europäischen Rassisten in ihrem derzeitigen Feldzug gegen Islam und gerade dies bringt die Islamfeindlichkeit „so Nah an Rassismus heran“. Anderseits verleiht die Gleichung
Islamfeindlichkeit = Rassismus Islam nicht einen ethnisch- rassischen Charakter wie der Verfasser uns weis machen möchte und zwar deshalb nicht, weil die beiden Seiten der Gleichung klar und deutlich sind: Islamfeindlichkeit ist Rassismus. Aus diesem Urteil kann man nicht weithergeholt ableiten, dass Islam auf Grund dessen notwendig logisch einen ethnisch-rassischen Charakter annimmt. Hier ist die Aussage über die Islamfeindlichkeit getroffen und nicht über Islam als solche. Außerdem gehört die genannte Gleichung wahrscheinlich zu der AnalogieUrteilen oder Räsonnement par Analogie wodurch die Gemeinsamkeit oder verbindende Gemeinsamkeit zwischen zwei Dingen zu solchen Äquivalenten führt. Sama Maani hat möglicherweise so verfahren: Islamfeindlichkeit = Rassismus. Rassismus ist eine Ideologie, die sich der „angeborene“ Überlegenheit einer Rasse bzw. Ethnie über den anderen Ethnien und Völkerschaften verpflichtet fühlt und daher rassisch bedingt ist, daraus folgt logisch notwendig: Islam ist ethnisch und rassisch bedingt. Es ist so als wolle man aus dem Urteil: die Tür ist offen, „Ofen“ ist ein Heizkörper, schließen: daher sei die Tür ein Heizkörper. So kann man nicht argumentieren. Außerdem fehlt dem Verfasser die Weitsicht zwischen Religionskritik und Religionsfeindlichkeit, zwischen Ablehnung des Islams als persönliche Religion und Islamfeindlichkeit zu unterscheiden und da er vermeintlich den Islam als Religion ablehnt - warum - sei dahin gestellt - sieht er sich berechtigt die Islamfeindlichkeit als „ kritischen Diskurs“ zu legitimieren. Man kann das Phänomen der Religion kritisch durchleuchten und das ist sicherlich gerechtfertigt. Man kann gegen theokratische Herrschaft in jeder Religionsform auch immer die Stimme erheben aber Religionsfeindlichkeit als solche klingt durchaus intolerant und Islamfeindlichkeit in ihrer derzeitigen Gestalt ist nichts anderes als rassistisch getarnter Form des Kulturrassismus".



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Soweit der erste Teil des Kommentars von L.O., den ich demnächst meinerseits kommentieren werde.

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