Vor Jahren
behauptete ein beliebter Kinderbuchautor bei einer Lesung in Wien, es gäbe für
einen Autor nichts beglückenderes als die zufällige Begegnung mit jemandem, der
gerade ein von ihm verfasstes Buch lese. Das wunderte mich. Würde mir doch – gefragt nach dem schönsten
denkmöglichen Erlebnis eines Autors – manch anderes einfallen. Von der
glücklichen Fertigstellung eines schwierigen Romans bis zum Nobelpreis.
Jetzt, im Bus,
hätte ich die Gelegenheit eines besseren belehrt zu werden. Die junge Frau vis
à vis, Typus deutsche Studentin der Germanistik, hält meinen neuen Roman, Teheran Wunderland, in der Hand. Noch
bevor ich es schaffe, die Frage, ob mich dieser Anblick möglicherweise
glücklicher macht als der Nobelpreis, zu Ende zu denken, merke ich, daß sie
meine Blicke erwidert.
„Sind Sie der
... Sama Maani?“
„Ja“, sage ich
erwartungsvoll – und verlegen.
„Okay“, sagt
sie – und wendet sich wieder dem Buch zu.
Eine Zeit lang
sehe ich sie – verstohlen und weiterhin erwartungsvoll – an. Bis sie auf einmal
den Kopf schüttelt, mich seltsam-vorwurfsvoll
anschaut und mir eine Stelle meines Buches vorzulesen beginnt. Es handelt sich
– das sei vorausgeschickt – um das
Gedicht eines jungen, linken Poeten in einem fiktiven, revolutionären Teheran
der Siebziger Jahre. Nachdem er von seiner Geliebten wegen des Sohnes eines Wurstfabrikanten, des Klassenfeindes
also, verlassen wurde, warnt der Enttäuschte die Teheraner Männer – vor ihren Frauen:
Versuch sie also nicht zu
verstehen
Wie soll das auch gehen?
Sie versteht sich ja
selbst nicht
Und bevor sie dich bricht
Komm zu Verstand
Und nimm ihr, bitte, das
Heft aus der Hand
Du mußt sie bezwingen, du
mußt sie erzieh’n
Wir sind in Teheran – und
nicht – in Berlin!
Die Fortsetzung
wird heute, am 1. September 2018, irgendwann zwischen 17 und 19 Uhr in der
Sendung Diagonal auf Ö1 gesendet – und ist im Internet eine Woche lang abrufbar:
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