Samstag, 3. November 2012

Zizek in Teheran (15)

„Die Direktorin beschloß, jene islamischen Mädchen, die immer die selben Bücher entlehnen, in die Lage zu versetzen, den Genuß der ersten - bzw. aller bisherigen - Lektüren zu wiederholen. Durch das Vergessen der ersten - bzw. aller bisherigen - Lektüren des Buches. So entstand Das Haus des Vergessens der Bibliothek der in der Sprache Teherans verfaßten Bücher des Internats Islamischer Mädchen.

Setzen Sie sich. Ich erkläre es Ihnen.“

Alfred Klaric, der Autor, vielleicht kennen Sie ihn, werter Leser, und mein Deutschlehrer, in Graz, sagte: Ein Anstoß genügt. Der Autor soll dem Leser nichts erklären.

Also: Schreib selbst weiter, werter Leser. Nein? Na gut. Aber, daß das Vergessen im Haus des Vergessens der Bibliothek der in der Sprache Teherans verfaßten Bücher nicht auf die Lektüre von Büchern beschränkt bleiben würde, leuchtet ein. Oder?

Schirin nimmt die Trockenhaube, die das zufriedene islamische Mädchen auf dem Beistelltisch abgestellt hat, aus den 70ern, und setzt sie sich auf - und sofort wieder ab.

„Entschuldigen Sie!“

Jetzt hat auch sie das rote und zufriedene Gesicht des islamischen Mädchens, das Das Haus des Vergessens, ohne mich oder Schirin wahrgenommen zu haben, verlassen hat, um nicht zu sagen, ganz glücklich.

„Entschuldigen Sie! Der Genuß ... In der Vorfreude habe ich die Höflichkeit vergessen. Ich hätte Ihnen -“, sie schaut zur Trockenhaube auf dem Beistelltisch, aus den 70ern, „höflicherweise hätte ich Ihnen den Vortritt lassen sollen. Außerdem habe ich Ihnen das Wichtigste noch nicht erklärt.“

„Du kannst mich duzen“, sage ich.

Schirin wird rot. Das war sie ja schon. Aber jetzt ein anderes Rot als ihr - und des anderen islamischen Mädchens – Zufriedenheitsrot. Vermutlich steht islamischen Mädchen eine Reihe von Rottönen des Gesichts zur Verfügung, je nach Anlaß. Aber sie fährt fort, mich zu siezen.

Das hier ist keine Trockenhaube, sondern die Elektrodenhaube eines BCI. Wie Sie wissen, ist ein BCI -“,

Ich weiß es nicht.

„- ein BCI ist ein Brain-Computer-Interface.“

Schirin hat, als sie Brain-Computer-Interface sagt, einen ausgesprochen amerikanischen Akzent. Alle Mädchen im Internat Islamischer Mädchen, haben, wenn sie Englisch reden, einen ausgesprochen amerikanischen Akzent, wie ich später erfahren werde, oder jetzt habe ich es beschlossen.

„Damit wir den Inhalt eines Buches vergessen, muß er von einem anderen Inhalt verdrängt werden. Diesen anderen Inhalt nennen wir Verdränger-Materie. Gedanken sind Dinge, sagt unsere Vize. Ein Gedanke funktioniert wie ein Besen, der andere wie Kehricht.“

„Das sagt Eure – islamische – Direktorin?“


„Vizedirektorin. Sie ist Materialistin. Und Atheistin. Wie unsere Direktorin und die meisten unserer Mädchen im Internat Islamischer Mädchen.“

wird fortgesetzt

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