The Spy Who Came In From The Cold |
mag es in
unserem Gefängnis nur wenige SozialarbeiterInnen geben, die nicht bereit
wären, ab und an gegen Geld einen Auftrag entgegenzunehmen.
Aufträge sind in der Sprache der SozialarbeiterInnen
des Habitat und anderer Gefängnisse jene Dienstleistungen eines Sozialarbeiters,
die über den Katalog sozialarbeiterischer Dienstleitungen hinausgehen, die den
Häftlingen ohnehin zustehen.
Will ein
Häftling zum Beispiel seiner Tochter zu einem Posten verhelfen, im Staatsdienst,
oder zu einem Studienplatz, und ist gezwungen, jemandem zu diesem Zweck Geld zu
überweisen, Geld, das er zwar hat, aber nicht haben darf, weil er enteignet worden
ist – aus solchen Konstellationen ergeben sich für uns Gefängnis-Sozialarbeiter
Aufträge.
Bei den
Aufträgen geht es fast immer um Geld, außer es handelt sich um einen
politischen Auftrag. Obwohl bei politischen Aufträgen in der Regel auch Geld
fließt.
Darin, ihre
Geschäfte mit den Sozialarbeitern, also jene Aufträge, von der Gefängnisverwaltung unbemerkt anzubahnen, wie in
Spionagefilmen, sind unsere Häftlinge geschickt, und als der Übersetzer mir jenen
Kugelschreiber reichte, der sich von dem Kugelschreiber, den ich ihm gereicht
hatte, nicht unterschied, wußte ich, daß der Kugelschreiber eine Botschaft
enthielt.
Das
Geheimtun wäre übrigens nicht notwendig. Die Gefängnisverwaltung weiß von den Aufträgen und hat nichts dagegen - im
Gegenteil: Sie ist glücklich darüber, daß die SozialarbeiterInnen ihr geringes
Gehalt durch diesen von den Häftlingen bestrittenen Zuverdienst aufbessern
können.
Auch ich
nehme Aufträge entgegen. Wegen des Geldes und aus einem anderen Grund - aber dazu später -, und weil mir nachgesagt wird, ein Vertrauter Namwars zu sein, von ihm
protegiert zu werden usw. - d.h.: mehr Einfluß auf die Behörden, was die
Wahrscheinlichkeit, daß ein Auftrag auch tatsächlich ausgeführt wird, natürlich
erhöht, erhalte ich mehr Aufträge als die anderen, die ich aber, schon aus
zeitlichen Gründen, nicht alle annehmen kann.
wird fortgesetzt
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