Sonntag, 20. Juli 2014

Zizek in Teheran (73)



Um dem Führer zu helfen, sich ernsthafter und öfter mit den Angelegenheiten der Republik zu befassen, hat sein Bruder, M2, zwei grundsätzliche Strategien. Mal verfolgt er die eine. Mal die andere.

Mal malt er Katastrophen an die Wand. Von der Verstärkung des Sanktionsregimes der

Amerikaner

bis zum Zerfall des Vielvölkerstaates Teheran in viele Einzel-Teherans - nach einer Militärintervention der Amerikaner. Bis zu seinem Tod hatte ihr Vater, K, der verblichene Führer, versucht (wollen wir ihn, K2 nennen, um ihn vom Republiksgründer K1 zu unterscheiden) die Amerikaner vom zivieln Charakter des Teheraner Nuklearprogramms zu überzeugen. Aber leider, leider und so weiter.

Mal versucht er, indem er seinem Bruder einen Gefallen erweist, ihn dazu zu bewegen, daß im Gegenzug er (M1) ihm (M2), einen Gefallen erweist, indem er sich – Du hast es erraten, LeserIn - ernsthafter und öfter mit den Angelegenheiten der Republik befaßt.

Letzteres ist im Moment der Fall. M2 versucht M1 einen Gefallen zu tun. Genau genommen, versucht er, die Folgen seines Versuchs, seinem Bruder, dem Führer der Islamischen Republik sowie des Ersten Teheraner Heimorgelorchesters, einen Gefallen zu tun – wie sagt man in Graz –, auszubügeln.

Kompliziert. Aber es wird komplizierter.

Ich habe vergessen zu sagen: Das Erste Teheraner Heimorgelorchester ist zwar nicht sehr bekannt, gänzlich unbekannt aber auch wieder nicht. Im Internet kursieren zahlreiche Musikclips. Du magst fragen, wie M1, der junge Führer der Republik, seine Mitgliedschaft im Ersten Teheraner Heimorgelorchester geheim zu halten vermag. Denn daß der Führer der Islamischen Republik in der Öffentlichkeit als Führer einer Synth-Pop-Band mit gesellschaftskritischen und – zurückhaltend formuliert – anstößigen Texten in Erscheinung tritt, ist nicht opportun. Das wird Dir einleuchten.

Die Antwort ist denkbar banal: M1 benützt einen Gesichtsschleier, um sein Gesicht zu verschleiern. Wie Frauen der Küstengebiete im Süden von Teheran. Er tritt also in der Öffentlichkeit als Frau in Erscheinung. Das heißt also nicht. In Erscheinung.

Und hier, nicht bei dem (Nicht-)In-Erscheinung-Treten von M1, als Frau, sondern hier bei den Texten des Ersten Teheraner Heimorgelorchesters kommt M2 ins Spiel. Mit seinem Versuch, M1 einen Gefallen zu tun, resp. mit seinem Versuch, die Folgen seines Versuchs, seinem Bruder einen Gefallen zu tun, auszubügeln.

M1 und das Erste Teheraner Heimorgelorchester suchen nämlich einen neuen Texter. Nicht wegen des gesellschaftskritischen und, zurückhaltend formuliert, anstößigen Charakters der bisherigen Texte. Gegen den gesellschaftskritischen und, zurückhaltend formuliert, anstößigen Charakter der Texte hat M1 - im Gegensatz zu seinem staatstragenden Bruder - überhaupt nichts. Er stört sich aber an der Qualität. D.h. am Nichtvorhandensein. Derselben.

Viel ärger drán
Als Tehe-rán
Ist Isfa-hán
An jedem zweiten
K-rán
Dort hängt
Ein jugendlicher
Delinquent

wird fortgesetzt

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