Sonntag, 15. Mai 2016

Was mit Österreich nicht stimmt (1)


C.S. Lewis
In C.S. Lewis’ Briefroman The Screwtape Letters (Dienstanweisungen an einen Unterteufel) unterweist der „höllische Unterstaatssekretär“ Screwtape seinen Neffen, den Unterteufel Wurmholz, in die Kunst, einen jungen Mann zum Bösen zu verführen und ins Unglück zu stürzen.

„Die Modeströmungen des Denkens benützen wir, um die Aufmerksamkeit der Menschen von den ihnen wirklich drohenden Gefahren abzulenken. Wir richten den ... Entrüstungsschrei in jeder Generation gegen jene Laster, von denen sie am allerwenigsten zu fürchten hat. Dafür fixieren wir ihre Zustimmung auf jene Tugend, die dem Laster, dem wir die Vorherrschaft geben möchten, am nächsten liegt ... In Zeiten der Grausamkeit warnen wir vor Sentimentalität ... Und sooft Menschen sich beeilen, Sklaven oder Tyrannen zu werden, machen wir den Liberalismus zum Hauptsündenbock“.

Im April 2016 ging Norbert Hofer, der Kandidat der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), aus dem ersten Wahlgang der österreichischen Bundespräsidentschaftswahlen mit 35,05 Prozent als Wahlsieger hervor. Der formal unabhängige, den Grünen nahestehende Kandidat Alexander Van der Bellen erreichte mit 21,4 Prozent den zweiten Platz.

Der Wahlausgang weckte Erinnerungen an die französischen Präsidentschaftswahlen des Jahres 2002, als Jean Marie Le Pen den sozialistischen Kandidaten Lionel Jospin im ersten Wahlgang überraschend besiegte, und in der Stichwahl gegen den amtierenden Präsidenten Jaques Chirac antreten konnte. Es kam zu Massenprotesten gegen den rechtsradikalen Le Pen - und ein noch nie da gewesenes Bündnis, bestehend aus Liberalen, Sozialisten, Kommunisten und Grünen, aber auch Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, unterstützte, um Le Pen zu verhindern - und zum Großteil widerwillig -, den konservativen Neogaullisten Jaques Chirac, was Chirac im zweiten Wahlgang einen überwältigenden Sieg bescherte.

Aber die Erinnerung, besser: die an diese Erinnerung geknüpfte Hoffnung, die Ereignisse im Frankreich des Jahres 2002 mögen sich im Österreich des Jahres 2016 wiederholen, erwies sich bald als eine falsche. Weder die sozialdemokratische noch die konservative österreichische Volkspartei, noch auch die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss konnten sich zu einer Wahlempfehlung für Van der Bellen durchringen.

Aber - warum eigentlich? Was unterscheidet Österreich 2016 von Frankreich 2002? 

wird fortgesetzt

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