Sonntag, 7. Februar 2021

Kritik an der Ankündigung einer Iran-Veranstaltung der "Grünen Zukunftsakademie"

Bildergebnis für Corona Iran Khamenei
Irans Führer verbietet die Einfuhr von amerikanischem Impfstoff

 

Am 11. Februar 2021, dem 42. Jahrestag der Islamischen Revolution im Iran, veranstaltet FREDA, die Grüne Zukunftsakademie, eine Informationsveranstaltung über den Iran, in deren Ankündigungstext u.a. das Folgende zu lesen ist:

 

Der Iran steht wie kaum ein anderes Land in der weltweiten Aufmerksamkeit. Auf der einen Seite liest man über beschlagnahmte Öltanker, Anreichern von Uran oder einen Drohnenabschuss; auf der anderen Seite sehen Menschen ein Land, welches von den USA als Spielball genutzt wird – hier wären beispielsweise die US-Verschärfungen der Sanktionen zum Höhepunkt der Coronakrise zu nennen – und nicht länger tyrannisiert werden möchte. Dass Konflikte mit dem Iran keine Auswirkung auf Europa hätten, ist eine Fehlannahme.

 

Da mich dieser Ankündigungstext – zurückhaltend formuliert – irritierte, schrieb ich ein E-Mail an die Veranstalter, in dem u.a. das Folgende zu lesen ist:

 

Als „alter Linker“ sind mir antiamerikanische Reflexe nur allzu vertraut. Bei aller Kritik gegenüber der (unter verschiedenen US-Präsidenten unterschiedlichen und auch während ein und derselben Präsidentschaft häufig inkonsistenten) US-Außenpolitik sollten wir aber nicht vergessen, dass Gesellschaften und Individuen in der – früher sogenannten – Dritten Welt nicht bloß willenlose Marionetten der US-Politik sind, dass sie ihr Schicksal zumindest zu einem großen Teil selbst bestimmen.


So wurde etwa die Islamische Revolution 1979 nicht von den USA veranstaltet. Sie war hausgemacht. Und es waren die Vertreter des aus jener Revolution hervorgegangenen Regimes (und nicht die USA), die im November 2019, wieder einmal, hunderte Demonstranten abschlachteten – laut Reuters waren es 1500. Diese Proteste werden in Ihrer Diskussions-Ankündigung genauso ausgeblendet wie die Todfeindschaft der Islamischen Republik gegen Israel, ihre systematische Leugnung des Holocaust und ihr Gründungsziel, die Vernichtung des jüdischen Staates. Alles das sollte gerade in Österreich, einem Nachfolgestaat des Dritten Reiches, besondere Aufmerksamkeit finden – möchte man meinen.

 

In Ihrer Ankündigung wird behauptet, der Iran sei „ein Land, welches von den USA als Spielball genutzt wird“. Seit ihrer Gründung 1979 betrachtet die Islamische Republik Iran die USA als Erzfeind. Der Iran kann folglich von den USA genauso wenig „als Spielball genutzt werden“ wie diese etwa Nordkorea als Spielball nutzen könnten oder früher die Sowjetunion. Vielmehr versuchen die USA seit Jahren – mit überschaubarem Erfolg – die regionale Expansionspolitik der Islamischen Republik einzudämmen (für die Situation der Menschen im Iran scheinen sie sich aber genauso wenig zu interessieren wie europäische Regierungen). Und es ist die Regionalmacht Iran, die durch die massive Präsenz ihrer schiitischen Milizen Länder wie den Irak, den Jemen, Syrien und den Libanon als Spielball benützt, mit katastrophalen Folgen wie der Dauerkrise im Irak und im Libanon und den kriegerischen Konflikten in Syrien und im Jemen. Darauf und auf die Tatsache, dass der Iran die Entwicklung atomwaffenfähiger Raketen vorantreibt und terroristische Gruppen, wie die Hisbollah oder den Hamas, unterstützt (Stichwort: Raketenkrieg gegen Israel) versuchen die USA zu reagieren, in erster Linie mit Sanktionen.

 

Übrigens sind die US-Sanktionen gegen die Islamische Republik keine Erfindung Trumps. Sie wurden erstmals 1979 nach der Erstürmung der US-Botschaft in Teheran und der Geiselnahme von 52 US-Diplomaten verhängt, die man 444 Tage lang gefangen hielt. In den 1990ern wurden die Sanktionen durch neue ergänzt und unter Obama verschärft – vor allem in Zusammenhang mit dem Atomwaffenprogramm des Regimes. So gesehen, sind es die USA, die auf Entwicklungen in der Islamischen Republik reagieren, sich also, pointiert gesagt, zum Spielball des Irans machen, nicht umgekehrt.

 

Und wenn schon die „US-Verschärfungen der Sanktionen“ mit dem „Höhepunkt der Coronakrise“ in Zusammenhang gebracht werden, sollte nicht unterschlagen werden, dass das islamische Regime Anfang 2020, um die Parlamentswahlen (die ihm Legitimität verleihen sollen) und die Jubiläumsfeiern zum Jahrestag der Revolution am 11. Februar ungestört über die Bühne gehen zu lassen, die ersten Corona-Fälle im Iran systematisch vertuscht hat. Dass die den Revolutionsgarden nahestehende „Mahan Air“ bis Ende März 2020 – als es schon zahllreiche Corona-Tote im Land gab – regelmäßig Flüge von und nach China durchführte. Und dass der Führer der Islamischen Republik vor kurzem die Einfuhr von amerikanischen und britischen Impfstoffen verboten hat.

 

Über die komplizierte Beziehung zwischen dem iranischen Regime und den USA gäbe es noch viel zu sagen. Hier der Link zu einem Artikel von mir im Standard, der einige Klischeevorstellungen über die Islamische Republik und ihre Beziehung zu den USA zu dekonstruieren versucht:

 

https://www.derstandard.at/story/2000105196763/will-trump-den-regime-change-im-iran

 

Ich hoffe, dass der eine oder andere von mir angeführte Kritikpunkt Eingang in die Diskussion am Donnerstag findet und verbleibe

 

mit den besten Grüßen

 

Sama Maani

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