Samstag, 13. Dezember 2014

Zizek in Teheran (88)



So wie weiland Faust, der Erste. Noch einmal. So wenig wie es weiland Faust, der Erste, hätte sagen wollen - so wenig würde heute jemand, sagen: Hier stehe ich. Und glaube. Und basta. Resp: Hier stehe ich. Und glaube nicht. Das gilt nicht nur, was den eigenen, sondern auch, was den Glauben der Anderen betrifft.

Zum Beispiel? Suche einen Grazer. Einen aufgeschlossenen, intelligneten, liberalen, linken. Und frage ihn:

Nun sag, wie hast Du’s mit dem Islam?

Würde er sagen: An den glaube ich nicht? Und basta?

Weder existiert, würde Zizek sagen, heute der Glauben so richtig, noch der Unglauben. Weder sagt der Ungläubige: Ich bin ungläubig. Noch der Gläubige, so fern er will, daß wir ihn für intelligent halten: Hier stehe ich und kann nicht anders.

Sondern der Ungläubige: Zwar glaube ich nicht, aber ich respektiere allerhand - bla bla.

Und der Gläubige, sofern er will, daß wir ihn für intelligent halten: Zwar glaube ich, aber nicht so wie Du glaubst - soll heißen: nicht so richtig, bin ja kein Idiot.

Warum dem so ist? Weil wir, sagt Zizek (zum X-ten), weil wir heute in Wahrheit mehr glauben denn je.

Aber lassen wir den Zizek - und den (armen) Nehru weiterreden.

Der Nehru: Hast du? Ich meine, so richtig geglaubt? Und dann haben sie dir, armes Kind, deinen Glauben erschüttert? Glaubst du an Psychoanalyse?

Schluchzt und stammelt und ich unterdrücke den Impuls - siehe den Artikel „Warum uns Psychotherapie nicht weiterhilft“ - den Impuls, ihm die Hand empathisch-therapeutisch auf die Schulter zu legen.

- Habe ich denn (schluchz, stammel) ... wieder getanzt (stammel, stammel)?

An den – einige wenige Minuten zurückliegenden - Weiblichkeits-/ Fruchtbarkeits-/Wie-immer-Du-es-nennen-willst-LeserIn-Tanz scheint es keine Erinnerung zu geben.

Schweigen.

Minutenlang.

- Die Erschütterung des Glaubens-

jetzt spricht er wieder im Takt, langsam, bei korrekter Betonung der Silben

- Die Erschütterung des Glaubens. Ist eh ein Tanz. Ein,

eh sagt er, als wäre er Grazer

- wie soll ich sagen, ein epileptischer. War ja auch schon beim Psychiater.

- Hat er Ihnen Medikamente verschrieben, der Psychiater?

- Psychiaterin ... weil sie Dir durch den Körper geht. Die Erschütterung. Durch.

Ja, ja, sage ich.

- Und durch.

- Wußten Sie, daß din

din heißt in der Sprache Teherans Religion

- daß din mit dem französischen danse verwandt ist. Bzw. mit dem englischen dance?

Demnach, denke ich, wäre die Religion die Erschütterung des Glaubens? Oder umgekehrt?

In Teheran, LeserIn, leben mehr Hobby-Philosophen als Hobby-Poeten und Hobby-Philosophie geht in Teheran mit einem starken Hang zur Hobby-Etymologie einher. Siehe den bekanntesten Teheraner Hobby-Philosophen, Antisemiten und – surprise! – Heidegger-Anhänger, der sich sowohl dem Kaiser anbiederte als auch: Geistiger Vater der islamischen Revolution. Falls Du aus Teheran stammst, kennst Du ihn vielleicht: Ahmad Fardid.

wird fortgesetzt

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