Alexander Bogdanov, Bolschewist und Biokosmist |
Weiter oben war die Rede davon, daß die Biokosmisten - die ihre
eigene Gegenwart als erlöst imaginierten und die Vergangenheit als
erlösungsbedürftig - Benjamins These von der Erlösung der Vergangenheit durch
die Gegenwart vorweg genommen haben. Die islamistische Regression, bei der sich
– umgekehrt - die von Mangel gezeichnete Gegenwart, in der Hoffnung auf
Erlösung, nach einer „glorreichen Vergangenheit“ zurücksehnt, scheint diesen
Benjaminschen Gedanken hingegen auf den Kopf zu stellen.
Die Spiegelbildlichkeit der Strukturen der biokosmistischen und der
islamistischen Regression erlaubt es uns nun, sie „gegeneinander antreten“ und sich gegenseitig dekonstruieren zu lassen:
Im Lichte der Struktur der islamistischen Regression erwiese sich dann die
scheinbar erlöste Gegenwart der Biokosmisten, zumindest potentiell (sie trug ja
den Keim des Stalinismus in sich), als nicht weniger katastrophal als die gegenwärtige
Situation der islamischen Welt.
Interessanter ist der umgekehrte Versuch, den Islamismus im
Lichte des Biokosmismus zu dekonstruieren: Dann könnte sich der „glorreiche“
Sehnsuchtsort der Islamisten, der frühe Islam, ebenfalls als Ort des Mangels
herausstellen, unerlöst, wie die Toten der Biokosmisten.
Von hier aus könnten wir - jenseits der „biokosmistischen Dekonstruktion“ – dann weiterfragen: Kann es sein, daß der Islamist an jenem Ort der Vergangenheit, von dem er die Heilung der Gebrechen seiner Gegenwart erhofft, nicht vielmehr ihren Ursachen begegnet? Jener Sehnsuchtsort wäre dann der Ort eines nicht eingestandenen Zweifels. Und einer nicht gestellten Frage an einen ohnmächtigen, weil toten Gott:
Warum
hast Du uns verlassen?
Im Gegensatz zu den Toten der Biokosmisten, denen wir Lebende
etwas schulden, wäre der tote Gott des Islamisten also ihm etwas schuldig. Weil sich aber der Ort seines Gottes als Ort
des absoluten Mangels herausstellt, verwandelt sich der uneingestandene Zweifel
des Fundamentalisten in Verzweiflung. Es ist die verzweifelte Wut über die
Ohnmacht eines toten Gottes, die Phänomene wie die Islamische Republik Iran
oder den Islamischen Staat gebiert.
wird
fortgesetzt
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