manche meinen
rinks und lechts
kann man nicht velwechsern
werch ein illtum
(Ernst Jandl)
Die online-Ausgabe des feministischen Magazins an.schläge veröffentlichte am 18. Juni 2015 einen Kommentar, der vorgibt, sich auf ein Interview, das die Zeitschrift MALMOE mit mir geführt hat („Mit dem Begriff ‚Islamophobie’ gehen wir den Rassisten auf den Leim“) zu beziehen, bei dem auch mein neues Buch „Respektverweigerung. Warum wir fremde Kulturen nicht respektieren sollten - und die eigene auch nicht“ vorgestellt wurde.
Hier der link zum Kommentar:
http://anschlaege.at/feminimus/2015/06/an-sage-islamophobphob/
Und zum MALMOE-Interview über Islamophobie:
http://www.malmoe.org/artikel/widersprechen/2987
Allerdings werden die im Interview, resp. im Buch vertretenen Thesen im Kommentar nicht einmal gestreift - geschweige denn, daß eine Auseinandersetzung mit diesen Thesen stattfinden würde. Am Ende weiß die LeserIn nicht, wovon im Interview (resp. im Buch) überhaupt die Rede ist, erfährt aber, daß es „besonders dreist“ sei, sich „einen neuen, besonders differenzierten Blick auf den Islam auf die Fahnen zu schreiben“ – müßte sich also fragen, ob es demnach besser sei, beim „alten, besonders undifferenzierten Blick“ auf den Islam zu bleiben.
kann man nicht velwechsern
werch ein illtum
(Ernst Jandl)
Die online-Ausgabe des feministischen Magazins an.schläge veröffentlichte am 18. Juni 2015 einen Kommentar, der vorgibt, sich auf ein Interview, das die Zeitschrift MALMOE mit mir geführt hat („Mit dem Begriff ‚Islamophobie’ gehen wir den Rassisten auf den Leim“) zu beziehen, bei dem auch mein neues Buch „Respektverweigerung. Warum wir fremde Kulturen nicht respektieren sollten - und die eigene auch nicht“ vorgestellt wurde.
Hier der link zum Kommentar:
http://anschlaege.at/feminimus/2015/06/an-sage-islamophobphob/
Und zum MALMOE-Interview über Islamophobie:
http://www.malmoe.org/artikel/widersprechen/2987
Allerdings werden die im Interview, resp. im Buch vertretenen Thesen im Kommentar nicht einmal gestreift - geschweige denn, daß eine Auseinandersetzung mit diesen Thesen stattfinden würde. Am Ende weiß die LeserIn nicht, wovon im Interview (resp. im Buch) überhaupt die Rede ist, erfährt aber, daß es „besonders dreist“ sei, sich „einen neuen, besonders differenzierten Blick auf den Islam auf die Fahnen zu schreiben“ – müßte sich also fragen, ob es demnach besser sei, beim „alten, besonders undifferenzierten Blick“ auf den Islam zu bleiben.
Vielleicht, mag die LeserIn mutmaßen, will die Kommentatorin sie aber bloß
schonen, ihr das „Erschreckende“ jenes Diskurses, dem sich das Interview (resp.
das Buch) verpflichtet fühlen soll, nicht zumuten – Zitat aus dem Kommentar:
„ ... knüpft solch ein Diskurs doch erschreckend
nahtlos an jenen rechter PopulistInnen an, die vorgeben, sich von ‚Gutmenschen’
und ihrer ‚Political Correctness’ in die Enge gedrängt, und dadurch in ihrer
‚Das wird man doch noch sagen dürfen’-Freiheit beschränkt zu fühlen“.
Weshalb sie die LeserIn darüber, welche
konkreten Inhalte des Interviews (oder des Buches) denn so „erschreckend
nahtlos“ am Diskurs rechter PopulistInnen anschließen, ganz im Unklaren läßt.
Sollte die LeserIn aber mutig genug - oder leichtsinnig genug - sein,
das Interview (oder das Buch) selbst zu lesen, bliebe sie hinsichtlich jener
„erschreckend nahtlos anschließenden“ Textstellen dennoch im Unklaren. Sie mag
sich dann fragen, ob sich die Warnung der Kommentatorin vor jenem Diskurs, der „erschreckend
nahtlos“ an denjenigen der Rechten anschließen soll, womöglich auf Aussagen wie
die folgende bezieht:
„Die Ablehnung ‚des Islam’ durch Pegida, FPÖ und Co. ist
ein Ersatzdiskurs für Rassismus. Aber der ‚Antirassist’, der den Begriff Islamophobie negativ verwendet, ist in diesem
Moment selbst rassistisch, ohne es zu wollen. Wenn ich sage, die Feindschaft
gegen den Islam ist rassistisch, dann sage ich damit implizit, dass der Islam
unauflöslich verknüpft ist mit Menschen etwa aus der Türkei oder arabischen
Ländern, jenen Menschen also, die ich vor Diskriminierung schützen will. Das
zementiert den Diskurs der Rechten, statt diese falsche Verknüpfung von Herkunft
und Religion aufzulösen.“
Wie auch immer. Indem die Kommentatorin die zitierte - und
alle anderen inhaltlich relevanten Passagen des Interviews – schlicht unterschlägt,
verfehlt sie jedenfalls nicht nur jeden inhaltlichen Bezug zum Interview. Sie verurteilt
sich darüber hinaus dazu, in ihrem Kommentar, den im Interview (und in meinem
Buch) analysierten und kritisierten Diskurs des linken mainstreams in exemplarischer
Weise zu reproduzieren, und so die unterschlagenen,
im Interview vertretenen Thesen - zu bestätigen.
***
Der Diskurs des linken mainstreams, dem der Kommentar offenbar verpflichtet
ist, verkennt einen - so möchte man meinen - simplen Zusammenhang: Der Diskurs
der Rassisten in Deutschland und in Österreich behauptete bis Ende der 1990er
Jahre, die Türken würden „uns“ deshalb „Probleme bereiten“ - weil sie eben
Türken seien. Seit dem Erstarken des politischen Islam, vor allem aber seit den
Anschlägen von Nine-Eleven behauptet der neue rassistische Diskurs (der
mittlerweile bis weit in die politische Mitte hinein die Diskurshoheit erobert
hat), „die Türken“ würden „uns“ deshalb „Probleme bereiten“ - weil sie Moslems seien.
Seither gilt der Islam als eine den Türken (den Arabern, den Iranern ...)
„an
und für sich selbst zukommende Eigenschaft“ (Marx). Die Kategorie „Islam“
funktioniert hier als Fetisch im Marxschen Verständnis: Eine gesellschaftlich
(sprich: im Diskurs des Rassisten oder durch das Sich-Bekennen des gläubigen
Moslems) hergestellte Verknüpfung erscheint als eine naturgegebene. Der Zusammenhang zwischen dem „Islam“ und den Türken
(den Arabern, den Iranern ...) als unauflöslicher, quasi genetischer.
Diese volle Identifizierung
von real existierenden Subjekten mit der imaginären Kategorie „Islam“ ist
conditio sine qua non des neuen Rassismus. Voraussetzung für die Kritik dieses Rassismus wäre daher die
Kritik dieser Voraussetzung.
Der Diskurs des linken mainstreams kann aber diese Kritik allein schon
deshalb nicht leisten, weil er mit den Hetzern von FPÖ, Pegida und Co. die
Grundvoraussetzung ihres Diskurses – eben jene Ideologie der vollen Identität – teilt, was sich deutlich in Kampfbegriffen wie „Islamophobie“ oder
„Islamfeindschaft“ ausdrückt: Wer nicht müde wird, die Angst vor dem „Islam“,
resp. die Feindschaft gegen den „Islam“
als rassistisch zu bezeichnen (statt
das Ressentiment gegen Menschen aus islamisch geprägten Ländern), der behauptet
einen
unauflöslichen Zusammenhang zwischen der
(imaginären) Kategorie „Rasse“ und einem Glaubensbekenntnis. „Rassistisch“ wäre
„Islamophobie“ nur dann, wenn „der Islam“ zur unauflöslichen, quasi
„rassischen“ Eigenschaft von Türken, Arabern oder Iranern erklärt wird – eine
ihrerseits zutiefst rassistische Position.
Sehr
anschaulich kommt im obigen Kommentar jene Ideologie der vollen Identität im Begriff „Muslimness“ zum Ausdruck – Muslimsein. Daß hier ausdrücklich von Muslimsein die Rede ist, nicht etwa - im Sinne
des Toleranzgedankens der Aufklärung - vom (zumindest im Idealfall) freiwilligen Bekenntnis zum Islam, verleiht der Beziehung vermeintlicher oder
tatsächlicher Moslems zum „Islam“ einen - buchstäblich - existentiellen Charakter.
Dem Subjekt, das in einer Gesellschaft mit islamischer Bevölkerungsmehrheit
lebt, aus einer solchen stammt, oder einen entsprechenden
„Migrationshintergrund“ hat, kommt aus der Perspektive des „Muslimseins“
außerhalb der Sphäre des „Islam“ kein Existenzrecht zu. Der vermeintliche oder
tatsächliche „Moslem“ ist durch und durch
Moslem, ist mit dem „Islam“ nicht bloß identifiziert – sondern mit ihm identisch.
Was hier (unbemerkt) auf der symbolischen Ebene des Diskurses geschieht, hat im realen Umgang vieler
islamischer Gesellschaften mit dem Phänomen der Apostasie, des Abfalls vom
Islam, eine unheimliche Entsprechung: In Sudan, Jemen, Iran, Saudi-Arabien,
Katar, Pakistan, Afghanistan, Somalia und Mauretanien kann der Abfall vom Islam
mit dem Tode bestraft werden.
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