Die Feindschaft gegen den – oder die Angst vor dem - Islam als
„rassistisch“ zu bezeichnen, macht nur dann Sinn, wenn wir zwischen der
(imaginären) Kategorie „Rasse“ und dem Bekenntnis zum Islam einen
unauflöslichen Zusammenhang behaupten würden. „Rassistisch“ könnte
„Islamophobie“ nur dann sein, wenn wir „den Islam“ zur unauflöslichen, quasi
„rassischen“ Eigenschaft von Türken, Arabern oder Iranern erklären.
Statt also die rassistische falsche
Verknüpfung zwischen Herkunft und Bekenntnis mit Entschiedenheit zurückzuweisen,
bleibt der weltoffene, „den Islam“ respektierende Zeitgenosse bei den Vorgaben der
Rassisten. Darin, daß Menschen in erster Linie „ihre“ Religion, resp. „ihre“
Kultur repräsentieren – und dann lange nichts –, ist sich der weltoffene, „den
Islam“ respektierende Zeitgenosse mit den (Kultur-)Rassisten von Pegida, FPÖ
und Co. also einig.
So etwas wie ein Widerspruch zwischen dem Einzelnen und „seiner“ Kultur
darf für den weltoffenen, „den Islam“ respektierenden Zeitgenossen nur und nur
zwischen ihm selbst und „seiner eigenen“,
„westlichen“ Kultur existieren. Und in eben diesem Unbehagen an „seiner
eigenen“ Kultur – genauer: in eben diesem Unbehagen an seinem Bekenntnisglauben
- gründet ja sein Wunsch, „den Islam“ zu respektieren. Und sein geheimer Neid
auf „den Moslem“. Tatsächlichen oder vermeintlichen Moslems hingegen steht
Unbehagen an „ihrer“ Kultur nicht zu.
Die Verwendung von Begriffen wie „Islamophobie“, die den Rassisten von FPÖ,
Pegida, und Co. in die Hände spielen, statt sie zu bekämpfen, resultieren aber nicht
bloß aus Denkfehlern jener weltoffenen, den Islam respektierenden Zeitgenossen
- womit wir wieder bei jenen Untiefen psychoanalytischer Libidotheorie
angelangt wären, die wir gerade verlassen haben.
Die Identifikation des Bekenntnis- oder Identifizierungsgläubigen mit
asketischen Idealen in Arbeit, Freizeit, Sexualität, Politik etc. geht auf
Kosten der Lust „im Sinne von Lebensfreude“. Und des Glücks. Glück aber, und
Lust, existiert in der narzißtischen Logik des Identifizierungsglaubens einzig -
in der Identifizierung. Auf sein Unglück reagiert der Identifizierungssüchtige
mit more of the same. Ganz so wie der
junkie, der seine drogeninduzierte Verzweiflung durch noch mehr Drogen zu
heilen versucht, sucht der glücklose Bekenntnisgläubige sein Glück in noch mehr
narzißtischer Gratifikation - die er aus noch stärkerer Identifizierung mit seinen
asketischen Idealen zu beziehen versucht. Am Ende ist er mit seinem Unglück gänzlich
identifiziert.
Um ihn - um dessen vermeintliches Glück - beneiden zu können, wendet der
bekenntnisgläubige, den Islam respektierende Zeitgenosse diese Logik des more of the same auch auf den „moslemischen
Anderen“ an: Je unglücklicher sein eigener Identifizierungsglauben ihn macht,
umso vollständiger identifiziert er „den Moslem“ mit „dem Islam“ – um dann jenem
vollständig Identifizierten (mehr oder weniger unbewußt) Glück, Lust, die Teilhabe
an der heilen Welt zuzuschreiben. Vollen Genuß bei voller Identität.1
Indem er jedoch den - tatsächlichen oder vermeintlichen - Moslem in der
vollen Identität mit dem Islam aufgehen läßt, eliminiert er ihn als
eigenständiges, von „seiner“ Kultur unterschiedenes Subjekt aus den politischen
und gesellschaftlichen Debatten.
wird
fortgesetzt
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